Dieses her­aus­ra­gende Kat­a­log­buch überzeugt schon mit seinem Cov­er: Hauptwerke von Camille Claudel „Die Fle­hende“ (um 1905) und Bern­hard Hoet­ger „Loie Fuller (um 1901) sind gemein­sam in gle­ich­er Größe abge­bildet. Grund­lage dieses Kat­a­logs sind gemein­sam konzip­ierte Ausstel­lun­gen in drei Museen: dem Paula Mod­er­sohn-Beck­er Muse­um, Bre­men (25. 1. — 18. 5. 2025), der Alten Nation­al­ga­lerie, Berlin (6.6. — 28.9. 2025) und dem Musée Camille Claudel in Nogent-sur-Seine (12.9.2026 — 10.1. 2027).

Was vere­int die Kun­st von Claudel und Hoet­ger? Zunächst die Nähe zu Rodin, später die Emanzi­pa­tion von Rodin. Gle­ich­falls auch eine gemein­same Ausstel­lung 1905 in der Paris­er Galerie Eugène Blot, ein­er dama­li­gen Drehscheibe der kün­st­lerischen Avant­garde. Diese Ausstel­lung der bei­den vor 120 Jahre ist der Aus­gangspunkt dieser erneuten deutsch-franzö­sis­chen Bildhauer/innen Begeg­nung. „Bern­hard Hoet­ger lebte und arbeit­ete von 1900 bis 1911 in Frankre­ich, wo sich seine Wege mehrmals mit denen der zehn Jahre älteren Claudel kreuzten…Die Ausstel­lung bei Blot markierte für bei­de einen Wen­depunkt: Während Claudels kün­st­lerisches Schaf­fen auf­grund der Ver­schlechterung ihrer psy­chis­chen Ver­fas­sung ab 1907 ver­siegte, erhielt Hoet­ger zunehmend Anerken­nung. Er kehrte 1911 nach Deutsch­land zurück.“ (S. 6) Mehrere Kon­tak­te zu Indus­triellen „ermöglicht­en ihm durch Aufträge und Ankäufe, seine Ideen auch im Bere­ich des Kun­sthandw­erks und der Architek­tur zu ver­wirk­lichen. Für Roselius (dem Kaf­fee-Mag­nat­en, Anm. d. Verf.) errichtete Hoet­ger 1927 das Muse­um für Paula Mod­er­sohn-Beck­er in der Bre­mer Böttch­er­straße. Seine Nähe zur Ide­olo­gie der Nation­al­sozial­is­ten „…wirft einen dun­klen Schat­ten auf seine let­zten Jahre…“ (S. 16). Den­noch wurde er als „entartet“ eingestuft, wur­den ihm Ausstel­lungsmöglichkeit­en ver­wehrt und zahlre­iche Werke aus Museen beschlagnahmt. Hoet­ger emi­gri­ert ab 1936 wieder­holt in die Schweiz, wo er 1949 ver­stirbt (siehe die umfassende gegenüber stel­lende Biografien der bei­den Kün­stler im Anhang).

Camille Claudel & Bern­hard Hoet­ger – Emanzi­pa­tion von Rodin, 176 Seit­en, 146 Abbil­dun­gen, Klap­pen­broschur, Hirmer Ver­lag, München 2025, ISBN: 978–3‑7774–4466‑6, 29,90 €