Über die Knochenar­beit eines Rechtsmedi­zin­ers sprach Prof. Dr. Mar­cel A. Ver­hoff, Direk­tor des Insti­tuts für Rechtsmedi­zin am Uni­ver­sität­sklinikum Frank­furt am Main, an diesem Mittwoch in der hes­sis­chen Lan­desvertre­tung.

Ein Schw­er­punkt des Insti­tutes liegt auf der foren­sis­chen Ento­molo­gie, also auf der wis­senschaftlichen Erforschung von Insek­ten zur Aufk­lärung von Ver­brechen. Das Insti­tut für Rechtsmedi­zin in Frank­furt ist europaweit eines der forschungsstärk­sten Ein­rich­tun­gen auf diesem Gebi­et. Ein anderes Spezial­ge­bi­et der Rechtsmedi­zin ist die foren­sis­che Oste­olo­gie, die dann zum Ein­satz kommt, wenn vom Men­schen nur noch Knochen übrig sind. Es geht also um echte Knochenar­beit — wie der Titel der Ver­anstal­tung schon nahelegt: „CSI oder Knochenar­beit? Foren­sis­che Oste­olo­gie in der mod­er­nen Rechtsmedi­zin“.

Die Rechtsmedizin als Wissenschaft

Ein Tather­gang wird mitunter vom Tatverdächti­gen, vom ver­meintlichen Opfer und von beteiligten Zeu­gen unter­schiedlich beschrieben. Wenn es darum geht, solche Szenar­ien zu beurteilen, wer­den von den Rechtsmedi­zin­ern Wahrschein­lichkeit­sangaben gefordert. Im Strafrecht wird die an Sicher­heit gren­zende Wahrschein­lichkeit voraus­ge­set­zt. Die Rechtsmedi­zin ist daher auf eine gut doku­men­tierte Beweis­lage angewiesen. Ihre Aus­sagen trifft sie mit Bedacht, denn nur in einem von tausend Fällen wird ihr ein Irrtum zuge­s­tanden.

Um dem eige­nen wis­senschaftlichen Anspruch zu genü­gen, ist die Rechtsmedi­zin mit der Schwierigkeit kon­fron­tiert, dass es nur geringe Fal­lzahlen gibt. Manch­mal grün­den Erken­nt­nisse auf Einzelfällen. Daher kommt es darauf an, die einzel­nen Fälle so gut wie möglich auszuar­beit­en bzw. nachzuar­beit­en: In Stu­di­en wer­den häu­fig Re-Eval­u­a­tio­nen durchge­führt, um ein bes­timmtes Phänomen zu vali­dieren. Die Pub­lika­tion von Fall­beispie­len gestal­tet sich für die Rechtsmedi­zin auf­grund des pub­li­ca­tion bias und nationaler rechtlich­er Eigen­heit­en schwierig.

Was uns ein Knochen zu sagen hat

In der Prax­is lässt schon ein einzel­ner Knochen Rückschlüsse auf das Geschlecht und die Kör­per­größe des Ver­stor­be­nen zu. Sta­tis­tisch gese­hen habe Män­ner län­gere Beine als Frauen, d. h. ein langer Glied­maßen­knochen deutet auf einen Mann hin. Es gibt darüber hin­aus ver­schiedene Formeln zur Rekon­struk­tion der Kör­per­größe zum Beispiel von Her­bert Bach aus dem Jahr 1965. Allerd­ings müssen dabei Schwankun­gen inner­halb ein­er Pop­u­la­tion berück­sichtigt wer­den. Heutzu­tage wer­den virtuelle Knochen aus post­mor­tal­en Com­put­er­to­mo­grafien als Ref­erenz herange­zo­gen. Das Alter eines Men­schen kann beispiel­sweise auf­grund der Schädel­naht rekon­stru­iert wer­den, denn diese Naht ver­schließt sich mit zunehmenden Alter. Ein Forschung­spro­jekt an der Uni­ver­sität Gießen hat­te das Ziel, diese Rekon­struk­tion­sleis­tung zu automa­tisieren.

Pro­fes­sor Ver­hoff ver­wies auch auf einige Anwen­dungs­beispiele aus der Prax­is. So kon­nte man inter­es­sante Ein­blicke in die hes­sis­che Krim­i­nalgeschichte gewin­nen und in den Beitrag, den die Rechtsmedi­zin zur Aufk­lärung leis­ten kon­nte.

Titel­bild: © Eck­hard Joite