Magazin für Kultur

Monat: Oktober 2024

Treffendes Zeitpanorama

Die Krim­i­nal­ro­mane um Kom­mis­sar Gere­on Rath, die mit diesem zehn­ten Band ihren Abschluss find­en, sind vor allem deshalb sehr lesenswert, weil sie nicht nur span­nende Hand­lun­gen, tre­f­fende Per­so­n­en- und Milieubeschrei­bun­gen bieten, son­dern Zeit­panora­men bieten, deutsche Zeit­geschichte erleb­bar machen. Über­wiegend spie­len die Romane in Berlin, das ken­nt­nis­re­ich und pointiert geschildert wird („Stadt voller unge­ho­bel­ter Ego­is­t­en…“ S. 134). Die Buchrei­he begann zum Ende der Weimar­er Repub­lik und endet jet­zt mit der aus mehreren Per­spek­tiv­en geschilderten Pogrom­nacht Novem­ber 1939, der erste Höhep­unkt der Juden­ver­fol­gun­gen. Das Wesen des NS-Ter­rorsys­tem wird in fast allen Begeg­nun­gen und Hand­lungssträn­gen des Romans erleb­bar, insofern ist er keine angenehme Lek­türe, wenn auch sel­tene Glücksmo­mente (wie das Leben in Ade­nauers Fam­i­lie oder die Fre­und­schaft Friedrichs mit einem Jun­gen aus jüdis­ch­er Fam­i­lie) geschildert wer­den und manche beson­ders bru­tale NS-Amt­sträger gerächt wer­den. Volk­er Kutsch­ers Romane bilden die Grund­lage für die  Kult­serie „Baby­lon Berlin“. Die Sky- und ARD-Serie gilt als eine der erfol­gre­ich­sten deutschen Fernseh­pro­duk­tio­nen, ist aber weit reißerisch­er, ent­fer­nt sich oft von den so gelun­genen Roman­vor­la­gen.

Volk­er Kutsch­er: Rath, 624 Seit­en, Hard­cov­er mit Schutzum­schlag  Piper Ver­lag, München, Okto­ber 2024, EAN 978–3‑492–07410‑0, 26.00  €.

Der andere Impressionismus

Dieses her­aus­ra­gende Kat­a­log­buch zur aktuellen Ausstel­lung im Kupfer­stichk­abi­nett Berlin und im Bar­beri­ni Pots­dam (24. Sep­tem­ber 2024 bis 12. Jan­u­ar 2025) begeis­tert, weil es mehr bietet als die Ausstel­lung selb­st. Die Möglichkeit, diesen Höhep­unk­ten der Grafik-Kun­st eine ver­tiefte Betra­ch­tung zukom­men zu lassen, gibt es nur in diesem Buch (in den bei­den Ausstel­lun­gen kann man diesen meist kle­in­for­mati­gen Werken nicht näher treten, zudem muss oft stel­len­weise ein Lichtschutz abgenom­men wer­den). Diese Ausstel­lun­gen machen bewusst, dass es auch in der Grafik schon früh impres­sion­is­tis­che Strö­mungen gab (früher als in der ersten Impres­sion­is­ten Ausstel­lung im Jahr 1874, die jet­zt der Anlass für das 150jährige Jubiläum ist). Son­nenaufgänge, Seerosen, far­bige Licht- und Schat­ten­ef­fek­te. Fast jed­er hat eine Vorstel­lung davon, was ein impres­sion­is­tis­ches Bild aus­macht. In der inter­na­tionalen Druck­grafik sind atmo­sphärische Phänomene – von blenden­der Sonne, über Regen, Dun­st, bis hin zu Smog – gle­ich­falls häu­figer Gegen­stand: Auch Maler­radier­er haben zum Teil direkt vor der Natur und mit der für diesen Stil charak­ter­is­tis­chen Spon­tan­ität Werke von hoher kün­st­lerisch­er Indi­vid­u­al­ität entste­hen lassen, in denen die Welt neu gese­hen wird. Über­ar­beitun­gen machen aus jedem Abzug ein Orig­i­nal. Das Berlin­er Kupfer­stichk­abi­nett präsen­tiert 110 sel­ten oder nie gezeigte grafis­che Blät­ter von 40 Kün­st­lerin­nen und Kün­stlern, darunter so berühmte Namen wie Édouard Manet, Auguste Renoir, Mary Cas­satt, James Whistler und Less­er Ury. Let­zter­er wird zusam­men mit Anders Zorn und Franz Skarbina schließlich auch noch zum Impres­sion­is­mus gezählt, zeitlich gewagt, aber von der Gestal­tung und Wirkung dur­chaus berechtigt.

Der andere Impres­sion­is­mus – Inter­na­tionale Druck­graphik von Manet bis Whistler, 208 Seit­en, 147 Farb- und 3 sw-Abbil­dun­gen, Michael Imhof Ver­lag, Peters­berg 2024, ISBN: 978–3‑7319–1433‑4 , 29,95 € .

und Julia Kratzer

Deutschland für Buchverliebte

Eine Reise zu den schön­sten Buch­hand­lun­gen, Bücher­cafés, Anti­quar­i­at­en und mehr

Dieses “mehr”, das der Unter­ti­tel des Buch­es ver­spricht, sind Buch- und Schrift­museen, Bib­lio­theken, Bücher­flohmärk­te und sog­ar Buch­ho­tels. Dieses anre­gende Buch ist eine Art Reise­führer für Bücher­fre­unde, gegliedert nach dem Osten und Nor­den, dem West­en und Süden Deutsch­lands. Jed­er Bücher­fre­und wird darin reizvolle Anre­gun­gen, gar völ­lig über­raschende Ent­deck­un­gen machen. Vor jed­er Reise inner­halb Deutsch­lands emp­fiehlt es sich deshalb, in dieses Buch zu schauen. Es ist auch han­dlich genug, um es auf die Reise mitzunehmen. Sehr schöne Farb­fo­tos ver­führen zum Besuch dieser Bücherorte. Sehr hil­fre­ich wären allerd­ings Adres­sangaben und Infor­ma­tio­nen über die jew­eili­gen Zugangsmöglichkeit­en gewe­sen. So muss doch wieder das Inter­net und kein Buch zu Rate gezo­gen wer­den. Den­noch: ein sehr empfehlenswertes Buch.

Ganz Wald draußen

Die Autoren dieses sehr anre­gend im per­sön­lichen Stil geschriebe­nen Aus­flugs­führer ent­deck­en seit 2018 unter dem Insta­gram-Namen @rediscoverbrandenburg Bran­den­burg gemein­sam. Das jet­zt vorgelegte Buch kon­den­siert diese Erfahrun­gen. Es ist voller Ein­drücke, Erleb­nisse und Anre­gun­gen. Bestechende Farb­fo­tos, ein anre­gen­des Lay­out, hil­fre­iche Ortsin­fos und Karten machen diese Neuer­schei­n­ung zum besten aktuellen Bran­den­burg Aus­flugs­führer. Es ist nach den Jahreszeit­en gegliedert: Früh­ling, Som­mer, Herb­st und Win­ter, für alle Jahreszeit­en gibt dieser Führer lustvolle Anre­gun­gen, von Mikroaben­teuern bis zur Mehrtages­tour: „Ganz Wald draußen“ bietet 28 Aus­flüge nach Bran­den­burg und an den Berlin­er Stad­trand zu magis­chen Orten abseits der bekan­nten Wege. Schon jet­zt freut man sich auf einen bald erscheinen­den Nach­fol­ge­band.

Jas­min Mühlbach, Sil­vio Olme­do-Paasch, Loïc Olme­do: Ganz Wald draußen, zahlre­iche Farbab­bil­dun­gen, Ammi­an Ver­lag, Berlin 2024, 232 Seit­en, 20 €, ISBN: 978–3‑948052–68‑3

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