Magazin für Kultur

Monat: Dezember 2024

Lost Places in Europa

Aben­teuer­liche Reisen zu faszinieren­den Lost Places in Europa

Till Auf­schlager und Mar­co Gas­par­ic spüren schon seit gemein­samen Schulzeit­en Ver­bor­gen­em in leer­ste­hen­den Gebäu­den auf. Seit 2012 sind sie Europa-weit in 15 Län­dern unter­wegs. Auf youTube bericht­en sie unter dem Namen „Bro­ken win­dow the­o­ry“ erfol­gre­ich und leg­en jet­zt einen her­aus­ra­gen­den Lost places Bild­band vor, der kein­er sein will, aber den­noch durch bril­lante Farb­fo­tos besticht. Die Autoren haben ein Anliegen, mit jedem Kapi­tel erzählen sie eine Geschichte und wolle Erken­nt­nisse ver­mit­teln. Mit der Jagd nach der mor­biden Ästhetik des Ver­falls, kämpfen sie mit ihren Auf­nah­men darum, diese Orte und ihre fast vergesse­nen Geschicht­en zu bewahren. Sie schreiben: „Wir haben in jedem Kapi­tel unsere Gedanken zu ein­er The­matik geteilt, die uns erst durch das Erkun­den der Ver­gan­gen­heit bewusst gewor­den ist.“ (S. 186) und „Es ist ein authen­tis­ch­er Reise­bericht in eine Par­al­lel­welt, mit echt­en Begeg­nun­gen, Emo­tio­nen und unschö­nen sowie gefährlichen Momenten. Zu eini­gen der hier vorgestell­ten Geschicht­en haben wir bere­its Videos pro­duziert. In diesen Fällen find­est du einen QR-Code im Kapi­tel, der dich direkt zur Doku auf youTube führt.“ (S. 17)

Auf­schlager, Till/Gasparic, Mar­co: Jäger der ver­lore­nen Orte — Aben­teuer­liche Reisen zu faszinieren­den Lost Places in Europa, 192 Seit­en, 200 Farbab­bil­dun­gen, NATIONAL GEOGRAPHIC/NG Buchver­lag, München 2024, ISBN: 9783987010439, 34,99 €

Der andere Impressionismus

Inter­na­tionale Druck­graphik von Manet bis Whistler

Dieses her­aus­ra­gende Kat­a­log­buch zur aktuellen Ausstel­lung im Kupfer­stichk­abi­nett Berlin und im Bar­beri­ni Pots­dam (24. Sep­tem­ber 2024 bis 12. Jan­u­ar 2025) begeis­tert weil es mehr bietet als die Ausstel­lung selb­st. Durch die Möglichkeit, diesen Höhep­unk­ten der Grafik-Kun­st ein­er ver­tieften Betra­ch­tung zukom­men zu lassen, gibt es nur in diesem Buch (in den bei­den Ausstel­lun­gen kann man diesen meist kle­in­for­mati­gen Werken nicht näher treten, zudem muss oft stel­len­weise ein Lichtschutz abgenom­men wer­den). Diese Ausstel­lun­gen machen bewusst, dass es auch in der Grafik schon früh impres­sion­is­tis­che Strö­mungen gab (früher als in der ersten Impres­sion­is­ten Ausstel­lung im Jahr 1874, die jet­zt der Anlass für das 150jährige Jubiläum ist). Son­nenaufgänge, Seerosen, far­bige Licht- und Schat­ten­ef­fek­te. Fast jed­er hat eine Vorstel­lung davon, was ein impres­sion­is­tis­ches Bild aus­macht. In der inter­na­tionalen Druck­grafik sind atmo­sphärische Phänomene – von blenden­der Sonne über Regen, Dun­st bis hin zu Smog – gle­ich­falls häu­figer Gegen­stand: Auch Maler­radier­er haben zum Teil direkt vor der Natur und mit der für diesen Stil charak­ter­is­tis­chen Spon­tan­ität Werke von hoher kün­st­lerisch­er Indi­vid­u­al­ität entste­hen lassen, in denen die Welt neu gese­hen wird. Über­ar­beitun­gen machen aus jedem Abzug ein Orig­i­nal.
Das Berlin­er Kupfer­stichk­abi­nett präsen­tiert 110 sel­ten oder nie gezeigte grafis­che Blät­ter von 40 Kün­st­lerin­nen und Kün­stlern, darunter so berühmte Namen wie Édouard Manet, Auguste Renoir, Mary Cas­satt, James Whistler und Less­er Ury. Let­zter­er wird zusam­men mit Anders Zorn und Franz Skarbina schließlich auch noch zum Impres­sion­is­mus gezählt, zeitlich gewagt, aber von der Gestal­tung und Wirkung dur­chaus berechtigt.

Der andere Impres­sion­is­mus – Inter­na­tionale Druck­graphik von Manet bis Whistler, 208 Seit­en, 147 Farb- und 3 sw-Abbil­dun­gen, Michael Imhof Ver­lag, Peters­berg 2024, ISBN: 978–3‑7319–1433‑4 , 29,95 €

Spannende Recherche zum Schicksal eines niederländisch-jüdischen Unternehmers in Sachsen

Die Autoren Hel­la und San­dra Rot­ten­berg sind die Enkel des nieder­ländisch-jüdis­chen Unternehmers Isay Rot­ten­berg. Erst im Jahr 2015 bringt ein Anruf zur Klärung ger­aubten jüdis­ches Eigen­tums die Autoren auf die schließlich erfol­gre­iche Recherche zum außergewöhn­lichen Schick­sal ihres Groß­vaters. Nie­mand in der Fam­i­lie hat­te je etwas von der Fab­rik ihres Groß­vaters in der säch­sis­chen Indus­tri­es­tadt Döbeln erzählt. Die bei­den begeben sich auf eine hart­näck­ige und inten­sive Suche und stoßen in deutschen Archiv­en schließlich auf einen Schatz von Doku­menten, die aufdeck­en, wie der nieder­ländisch-jüdis­che Unternehmer Isay Rot­ten­berg furcht­los dafür kämpfte, sein Unternehmen in Nazi-Deutsch­land zu hal­ten. Isay Rot­ten­berg, ein Unternehmer aus Ams­ter­dam, kauft 1932 im säch­sis­chen Döbeln bei Dres­den die Deutschen Zigar­ren­werke. Mit maschinellen Pro­duk­tion­s­meth­o­d­en saniert er den wirtschaftlich angeschla­ge­nen Groß­be­trieb mit­ten im Drit­ten Reich. Die Konkur­renz untern­immt alles, um dieser Fir­ma zu schaden. Doch solange Isay Rot­ten­berg vie­len Hun­dert Men­schen in schwieri­gen Zeit­en Arbeit gibt, schaf­fen es selb­st einge­fleis­chte Nazis nicht, ihn zu vertreiben. Mit Mut und Behar­rlichkeit kann er bis 1935 durch­hal­ten. Dann allerd­ings kön­nen Konkur­renten mit Unter­stützung der Deutschen Bank nach halt­losen Vor­wür­fen und Inhaftierung des Fir­menin­hab­ers die bedeu­tende Zigar­ren­fab­rik übernehmen (sog. „Arisierung“). Das Buch ver­mit­telt anschaulich Zeit- und Indus­triegeschichte vor Ort, macht nacher­leb­bar wie NS-Ide­olo­gie inner­halb kurz­er Zeit die Gesellschaft beherrschte.

Hel­la und San­dra Rot­ten­berg: Isay Rot­ten­bergs Zigar­ren­fab­rik — Wie ein nieder­ländisch-jüdis­ch­er Unternehmer in Sach­sen den Nazis die Stirn bot, 290 Seit­en, s/w- Abb.en, Dietz Ver­lag, Bonn 2024, ISBN: 9783801206895, 26

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