Die Nieder­lande haben so viel mehr bieten als das von Besuch­ern über­füllte Ams­ter­dam. Reist man auf den Spuren des Haus­es Oranien-Nas­sau durch die Nieder­lande, lernt man nicht nur den Regierungs- und Par­la­mentssitz in Den Haag ken­nen, son­dern ent­deckt auch die beza­ubern­den Städte Bre­da, Delft und Leeuwar­den.

Das Adels­geschlecht Oranien-Nas­sau hat die Nieder­lande als Staat begrün­det und prägt es seit 1815 als Kön­i­gre­ich bis heute. Jed­er Statthal­ter, König und jede Köni­gin hat sich auf seine oder ihre Weise für die Nieder­lande einge­set­zt, beispiel­sweise im Kampf um Frei­heit und Unab­hängigkeit gegenüber Spanien und Frankre­ich, auf den Gebi­eten Kun­st und Kul­tur oder für eine stärkere Ver­bun­den­heit der unter­schiedlichen Lan­desteile. An ver­schiede­nen Orten in Hol­land hat die reiche Geschichte des Haus­es Oranien-Nas­sau ihre Spuren hin­ter­lassen: Paläste, Grab­mäler, his­torische Orte und Denkmäler erzählen die Geschicht­en des königlichen Hol­land.

Ursprünge in Breda

Die ersten Spuren des königlichen Haus­es Oranien-Nas­sau sind in der Stadt Bre­da im Süd­west­en der Nieder­lande zu find­en. Johan­na van Pola­nen aus Bre­da heiratet im Jahr 1403 den Deutschen Engel­brecht I. von Nas­sau-Dil­len­burg. Durch ihren großen Hof­s­taat und ihr Inter­esse für Kul­tur, Kun­st und Handw­erk sorgten die Nas­saus im 15. und 16. Jahrhun­dert für eine blühende Wirtschaft. Als der Sohn Hein­richs III. das Fürsten­tum Oranien in Frankre­ich erbt, wird dieser der erste Fürst von Oranien-Nas­sau. Sein Cousin und Erbe wurde der berühmteste Spross der Bredaer Oranien-Nas­saus: Wil­helm I. von Oranien. Bre­da ist die wichtig­ste Nas­sau-Stadt Hol­lands und deshalb auch eine Stadt mit beein­druck­enden Bau­denkmälern.

Begi­nen­hof in Bre­da

Die Vor­fahren des nieder­ländis­chen Königshaus­es haben aus Bre­da in der Zeit von 1403 bis 1568 eine reiche Stadt mit imposan­ten Gebäu­den gemacht. Auch heutzu­tage beein­druck­en viele Bau­denkmäler wie die Grote Kerk, der Dom im Stil der Bra­ban­ter Gotik von 1420, das Schloss und der idyl­lis­che Begi­nen­hof das Stadt­bild. Vom 97 Meter hohen Turm der Grote Kerk kann der Besuch­er die fan­tastis­che Aus­sicht über diese sehr reizvolle Stadt und Ihr Umland genießen. Im Begi­jn­hof-Muse­um in Haus Num­mer 29 kann der Besuch­er alles über das Leben der Begi­nen Bredas erfahren. Im Stadtschloss, dem Kas­teel von Bre­da lebten mehrere Jahrhun­derte lang die Her­ren von Bre­da. Am Span­jaards­gat, dem „Spanier­loch“ am Schloss soll 1590 die List mit einem Torf­schiff stattge­fun­den haben, mit­tels der­er die Spanis­chen Besatzer aus Bre­da ver­trieben wur­den. Im Laufe der Jahrhun­derte wurde das Gebäude umge­baut und erweit­ert und seit 1826 ist hier die Königliche Mil­itärakademie unterge­bracht. Das Schloss ist deshalb nur im Rah­men ein­er Führung zu besichti­gen, organ­isiert vom Frem­den­verkehrsamt (VVV) Bre­da. Die Fürsten von Nas­sau zogen natür­lich auch andere Adelige an, die sich in Bre­da nieder­ließen, wodurch die zahlre­ichen schö­nen Hofhuizen in der Stadt ent­standen. Diese imposan­ten Gebäude hat­ten als beson­dere Merk­male einen L- oder U‑förmigen Grun­driss mit Innen­hof, Back­ste­in­fas­saden, spät­go­tis­che Trep­pengiebel. Acht dieser Hofhäuser sind in Bre­da noch erhal­ten.

Städtis­che Muse­um Bre­da

Das Städtis­che Muse­um befind­et sich im ehe­ma­li­gen Oude­man­nen­huis (Alt­män­ner­haus), einem der ältesten Gebäude Bredas. Bis 1954 lebten hier ältere Män­ner. Die denkmalgeschützte Fas­sade zeigt Abbil­dun­gen von Thi­js und Geert, zwei der bekan­ntesten Bewohn­er des Oude­man­nen­huis. Die ständi­ge Samm­lung des Stedelijk Muse­um Bre­da erzählt die Geschichte der Stadt. Die Gemälde mit Stad­tan­sicht­en zeigen die Entwick­lung Bredas von ein­er Fes­tungsstadt zur heuti­gen sehr lebendi­gen, attrak­tiv­en Stadt, die neben der Alt­stadt auch stadt­na­he Quartiere bietet, die von namhaften Architek­ten wie Rem Kool­haas gestal­tet wur­den.

Ganz beson­ders reizvoll sind Boots­fahrten rund um die Stadt bis zum 2007 wieder angelegten Stadthafen.

Hafen von Bre­da

Glanzzeiten in Delft

Mit seinen 15 Kilo­me­ter lan­gen Gracht­en ist die beson­ders char­mante Stadt Delft dur­chaus mit Ams­ter­dam ver­gle­ich­bar, allerd­ings ist das Stadt­bild hier weniger pom­pös, zugänglich­er. Die Geschichte der Stadt reicht bis in das Jahr 1075 zurück. 1654 wurde jedoch ein Großteil der mit­te­lal­ter­lichen Stadt durch die Explo­sion des Arse­nals zer­stört. Am Ende des 17. Jahrhun­derts wurde das Zen­trum wieder aufge­baut und sei­ther hat sich in der his­torischen Alt­stadt wenig verän­dert. An den von Bäu­men gesäumten Gracht­en ste­hen noch die kleinen Häuser mit ihren so unter­schiedlichen Fas­saden, der Markt mit dem Renais­sance-Rathaus und der Nieuwe Kerk ist der Mit­telpunkt der Stadt.

Rathaus von Delft

Delft war Geburts- und Wohnort des her­aus­ra­gen­den nieder­ländis­chen Malers Jan Ver­meer (1632 – 1675). An ihn erin­nert mit Hil­fe mod­ern­er Medi­en das Ver­meer Cen­tre Delft, das nach dem his­torischen Vor­bild des früheren St. Lucas Gilde­haus­es der Maler und Kün­stler 2007 erbaut wurde. Besuch­er kön­nen die Gemälde in lebens­großer Ver­größerung sehen, die Arbeitsweise im Ate­lier ergrün­den und die Geschicht­en hin­ter den Gemälden erfahren. Welt­bekan­nt ist Delft auch für sein Steingut, das sich aus der Majoli­ca entwick­elte, die im 16. Jahrhun­dert mit ital­ienis­chen Ein­wan­der­ern in die Nieder­lande kam, vor allem Wand­fliesen ent­standen. Seit dem 17. Jahrhun­dert wird zudem Porzel­lan nach chi­ne­sis­chen Vor­bild hergestellt. In der 1653 gegrün­de­ten Fir­ma Roy­al Delft wird in der orig­i­nalen Fab­rik nach alter Tra­di­tion Keramik im Delfter Blau von Hand pro­duziert, Besuch­er sind willkom­men. — Ab 1572 resi­dierte Wil­helm I. im heuti­gen Prin­sen­hof in Delft, jet­zt Muse­um. Von Delft aus leit­et er erfol­gre­ich den Auf­s­tand gegen die Spanier. 1579 wird die ‚Utrechter Union‘ vere­in­bart und von Wil­helm I. unterze­ich­net, damit ist der Grund­stein für die Nieder­lande gelegt. 1584 wird Wil­helm von Oranien — wegen seinem großen Ein­fluss auf die Gestal­tung eines Lan­des mit dem Titel ‚Vater des Vater­lan­des‘ geehrt — in Delft im Alter von 51 ermordet und in der Neuen Kirche (Nieuwe Kerk) in Delft beige­set­zt. Sei­ther find­en viele Fam­i­lien­mit­glieder des königlichen Haus­es hier ihre let­zte Ruh­estätte. In der Nieuwe Kerk aus dem Jahre 1496 befind­et sich neben der königlichen Gruft der Oranier auch das imposante Mau­soleum Wil­helms von Oranien. Die Alte Kirche (Oude Kerk) mit ihrem charak­ter­is­tis­chen schiefen Turm wurde 1240 erbaut. Beson­ders sehenswert sind die reich verzierte Kanzel aus dem Jahr 1548 und die 27 Glas­malfen­ster.

Residenzstadt Den Haag

Seit dem 16. Jahrhun­dert ist Den Haag die Hof­s­tadt der Nieder­lande. Prinz Moritz, ein­er der Söhne von Wil­helm von Oranien, ließ sich am Bin­nen­hof nieder, ent­standen aus einem Jagdschluss der Grafen von Hol­land aus dem 13. Jahrhun­dert und heutiges Par­la­ments- und Regierungs­ge­bäude. Der Hofvi­jver (Schloss­wei­her) liegt unmit­tel­bar neben dem Bin­nehof und dem Toren­t­je (Türm­chen) mit dem Arbeit­sz­im­mer des Min­is­ter­präsi­den­ten. Das Besucherzen­trum von ProDemos organ­isiert Führun­gen durch den Rit­ter­saal und die Erste und Zweite Kam­mer des Par­la­ments. Das Mau­rit­shuis in unmit­tel­bar­er Nach­barschaft ist seit 1822 die Königliche Gemälde­ga­lerie und umfasst fast auss­chließlich Meis­ter­w­erke großer Kün­stler wie “Das Mäd­chen mit dem Per­lenohrring“ von Ver­meer oder die „Anatomi­es­tunde“ von Rem­brandt. Die Präsen­ta­tion in den ele­gan­ten Räu­men macht es zu einem der schön­sten Museen der Nieder­lande. Gle­ich­falls sehr beein­druck­end ist M. C. Esch­er Muse­um im Win­ter­palast der früheren Köni­gin Emma an der Lange Voorhout, der mit zahlre­ichen prächti­gen Gebäu­den gesäumten Lin­de­nallee in Herzen der Stadt. Zahlre­iche Werke M. C. Esch­ers, der nieder­ländis­che Kün­stler aus dem 20. Jahrhun­dert, der mit seinem Spiel mit der Per­spek­tive welt­bekan­nt wurde, wer­den in diesem Adelspalais ver­größert mul­ti­me­di­al präsen­tiert – sehr ein­drucksvoll.

Bin­nen­hof in Den Haag

Seit mehr als vier Jahrhun­derten leben Statthal­ter und später Könige und König­in­nen nahezu ohne Unter­brechung in Den Haag. Sie haben der Stadt und ihrer Umge­bung ihren Stem­pel aufge­drückt. Das Paleis Noordeinde, ein klas­sizis­tis­ches Palais aus dem Jahr 1640, ist seit Willem V. (1748 ‑1806) im Besitz der Fürsten von Oran­je, es dient heute dem König als Arbeitspalais, der umgebende Park ist der Öffentlichkeit zugänglich. Ein beson­deres Erleb­nis ist die Besich­ti­gung des Königlichen Warte­saals im Bahn­hof­s­ge­bäude Den Haag Hol­lands Spoor aus dem 19. Jahrhun­dert. Bedeu­tende königliche Tra­di­tio­nen wer­den nach wie vor in Ehren gehal­ten, wie der Prin­sjes­dag im Sep­tem­ber, an dem König Willem-Alexan­der mit der gold­e­nen Kutsche vom Palast Noordeinde zur Thronrede im Rit­ter­saal des Par­la­ments fährt. Das imposante Gebäude des Friedenspalasts aus dem Jahr 1913 ist heute Sitz des Inter­na­tionalen Gericht­shof und des Ständi­gen Schieds­gerichts. Neben Führun­gen informieren eine inter­ak­tive Ausstel­lung im Besucherzen­trum über die Geschichte des Friedenspalastes. Der Vorstel­lung, dass es sich um Den Haag um einen ruhi­gen Regierungssitz han­delt, ste­ht die Real­ität gegenüber, dass Den Haag nach Ams­ter­dam und Rot­ter­dam die drittgrößte Stadt der Nieder­lande ist, die von ein­er Sky­line von Min­is­teri­ums-Hochhäusern geprägt wird. Zudem ist Den Haag mit seinem Stadt­teil Schevenin­gen eine Stadt am Meer mit ein­laden­den Sand­strän­den, ein­er Dünen­land­schaft, Wäldern und Parks. Schevenin­gen erre­icht man in 15 Minuten mit der Straßen­bahn vom Zen­trum Den Haags aus, neben der Natur­land­schaft bietet es mit ein­er Pier­an­lage und dem imposan­ten Kurhaus im Empirestil, jet­zt ein Luxu­shotel, See­bad-Atmo­sphäre.

Leeuwarden — Kulturhauptstadt mit Geschichte

Auch in Leeuwar­den, die Haupt­stadt Fries­lands und Kul­turhaupt­stadt Europas 2018, sind zahlre­iche Bezüge zum Haus Oranien-Nas­sau nach­weis­bar. Hier befand sich die Res­i­denz des friesis­chen Zweiges der Nas­sauer (1584 – 1747). Leeuwar­den hat eine schöne von einem Gracht­engür­tel umgebene Alt­stadt mit his­torischen Rathaus. Im Rathaus beein­druckt der majestätis­che Oran­jeza­al. Wahrze­ichen ist der schiefe Turm Old­e­hove, ein 120 Meter hoher Kirch­turm, der sich schon währen­des Baus ab 1529 wegen des sandi­gen Bau­grunds zur Seite neigte. Er ist allerd­ings stand­fest und kann über 183 Stufen bestiegen wer­den. Leeuwar­den lohnt den Besuch aber vor allem auch wegen sein­er bei­den bedeu­ten­den Museen, dem Porzel­lan­mu­se­um im Prin­sen­hof und dem Friesis­chen Muse­um.

Fries Muse­um in Leeuwar­den

Die Samm­lung des Friesis­chen Muse­ums erzählt die Geschichte Fries­lands und sein­er Men­schen anhand von Objek­ten, sel­te­nen archäol­o­gis­chen Fun­den bis hin zur mod­er­nen Kun­st, von den Tage­büch­ern der Tänz­erin Mata Hari, die in Leeuwar­den aufwuchs, bis hin zu ein­drucksvollen Gemälden von Sir Lawrence Alma-Tade­ma und Ger­rit Ben­ner. Ben­ners Land­schaften brin­gen das Herz und die Seele Fries­lands beson­ders gut zum Aus­druck. Mit ihren charak­ter­is­tis­chen niedri­gen Hor­i­zon­ten, die sich ins Unendliche zu erstreck­en scheinen, weck­en seine Gemälde eine melan­cholis­che Sicht auf die Region und ihre Men­schen. Auch das mod­erne Gebäude des Muse­ums bleibt seinen Wurzeln treu. Der präg­nante, offen gestal­tete Bau wurde von Hubert-Jan Hen­ket ent­wor­fen, Das Gebäude hat ein riesiges, 25 Meter hohes Vor­dach, das von Stahl- und Holzsäulen getra­gen wird, und eine beein­druck­ende Glas­fas­sade. Das Keramik­mu­se­um Princesse­hof, ein Palais aus dem 18. Jahrhun­dert, Wohn­sitz der Regentin Maria Louise und 1898 auch Geburt­sort des welt­bekan­nten Kün­stlers M. C. Esch­er, lässt den Besuch­er in die Welt der Keramik ein­tauchen. Die dor­ti­gen Ausstel­lun­gen gehen auf eine Schenkung des Samm­lers Nanne Ottema zurück und repräsen­tieren Keramik in allen For­men und Größen von 2800 v. Chr. bis ins 20. Jahrhun­dert. Auch zwei Hotels in beson­deren Gebäu­den machen Leeuwar­den zusät­zlich attrak­tiv: Das Post-Plaza Hotel & Grand Café liegt im Stadtzen­trum von Leeuwar­den.

Post-Plaza Hotel & Grand Café

Nach der Ren­ovierung und Restau­rierung des Post­ge­bäudes von 1904 hat sich das Post-Plaza Hotel & Grand Café in einen Ort mit einem his­torischen Ambi­ente ver­wan­delt. Die Hotelz­im­mer befind­en sich im alten Post­amt und in der angren­zen­den alten Grata­ma Bank. Bei­de Stan­dorte sind über eine Glas­brücke ver­bun­den. Ein­drucksvoll ist das Café und Restau­rant in der hohen ehe­ma­li­gen Schal­ter­halle, das die volle Höhe des Gebäudes füllt und von ein­er zier­lichen, von der englis­chen Spät­gotik inspiri­erten Dachkon­struk­tion überspan­nt wird. Hier wird nicht nur für die Hotel­gäste selb­st gerösteter Kaf­fee und Craft-Bier ein­er Haus­marke geboten. Im gle­ich­falls auch City-nah gele­ge­nen ehe­ma­li­gen Gefäng­nis­ge­bäude aus der zweit­en Hälfte des 19. Jahrhun­derts sind das Ali­bi Hos­tel Leeuwar­den (unter­schiedlich große Zim­mer mit mod­ernem Kom­fort und ursprünglich­er Atmo­sphäre), ein Restau­rant, die Stadt­bib­lio­thek und zahlre­iche Kün­stler­ate­liers unterge­bracht.

Quelle/Fotonachweis: Nieder­ländis­ches Büro für Touris­mus & Con­ven­tion, www.holland.com /Jörg Raach