Magazin für Kultur

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IFA — 5. bis 9. September 2025

Die IFA 2025 verdeut­lichte die aktuellen Schw­er­punk­te der Unter­hal­tungse­lek­tron­ik: Kün­stliche Intel­li­genz wird zunehmend in All­t­ags­geräte inte­gri­ert, Nach­haltigkeit und Energieef­fizienz rück­en stärk­er in den Vorder­grund, und die Ver­net­zung im Smart Home schre­it­et weit­er voran. Viele gezeigte Pro­duk­te knüpfen an beste­hende Entwick­lun­gen an, set­zen aber auf verbesserte Bedi­en­barkeit und opti­mierte Funk­tio­nen. Damit bestätigt die Messe ihre Rolle als inter­na­tionaler Branchen­tr­e­ff­punkt und Gradmess­er für tech­nol­o­gis­che Trends.

Künstliche Intelligenz im Alltag

Die IFA 2025 stand ganz im Zeichen der KI. Ob Fernse­her, Kühlschränke, Waschmaschi­nen oder Smart­phones – nahezu jedes Gerät war mit intel­li­gen­ter Soft­ware aus­ges­tat­tet, die das Leben ein­fach­er, effizien­ter und per­sön­lich­er machen soll. KI übern­immt dabei nicht nur die Rolle ein­er Bedi­en­hil­fe, son­dern entwick­elt sich zum aktiv­en Assis­ten­ten: Sie erken­nt Gewohn­heit­en, passt Energie­ver­brauch automa­tisch an, gibt Empfehlun­gen und inte­gri­ert sich naht­los in den All­t­ag. Beson­ders im Smart Home zeigt sich die Kraft dieser Tech­nolo­gie: Sys­teme steuern Licht, Heizung, Sicher­heit oder Unter­hal­tung nach Bedarf, und das auf Basis ler­nen­der Algo­rith­men. Auch im Enter­tain­ment­bere­ich wird KI wichtiger – von Bil­dop­ti­mierung bis zur indi­vidu­ellen Con­tent-Empfehlung. Die Messe machte deut­lich: KI wird zur Grund­vo­raus­set­zung mod­ern­er Geräte, ähn­lich selb­stver­ständlich wie Inter­ne­tan­schlüsse vor 20 Jahren.

Nachhaltigkeit und Energieeffizienz

Ein zweit­er Schw­er­punkt war die Frage, wie Tech­nik nach­haltiger wer­den kann. Viele Her­steller präsen­tierten Lösun­gen, die den Energie­ver­brauch senken, Mate­ri­alien scho­nen und die Lebens­dauer von Geräten ver­längern sollen. Kühlschränke, die den Verderb von Lebens­mit­teln verzögern, Waschmaschi­nen mit Mikro­plas­tik­fil­tern, Trock­n­er mit Wärmepumpen­tech­nolo­gie oder mod­u­lare Sys­teme, die leichter reparier­bar sind – die Vielfalt an Ansätzen war groß. Dazu kommt die Verknüp­fung von Nach­haltigkeit mit smarter Steuerung: Apps oder KI regeln den Betrieb so, dass Stromver­brauch reduziert und erneuer­bare Energien bess­er genutzt wer­den kön­nen. Auch The­men wie Kreis­laufwirtschaft, Recy­cling und Wiederver­wend­barkeit spiel­ten eine Rolle. Damit ver­schiebt sich die Per­spek­tive: Es geht nicht mehr nur um immer schnellere und leis­tungs­fähigere Geräte, son­dern um Tech­nik, die Ressourcen spart und aktiv zur Kli­mawende beiträgt.

Smart Home und Vernetzung

Der dritte große Trend war die immer engere Ver­net­zung der Geräte. Mit offe­nen Stan­dards wie Mat­ter oder Thread wird es zunehmend ein­fach­er, Pro­duk­te unter­schiedlich­er Her­steller zu kom­binieren und zen­tral zu steuern. Das Smart Home entwick­elt sich so von Insel­lö­sun­gen hin zu einem ganzheitlichen Sys­tem, in dem Heizung, Licht, Sicher­heit, Unter­hal­tung und sog­ar Energiev­er­sorgung zusam­men­spie­len. Auf der Messe zeigten Her­steller Robot­er, die selb­st­ständig Trep­pen steigen, Türschlöss­er, die sich per Smart­phone oder Gesicht­serken­nung öff­nen lassen, und intel­li­gente Dis­plays, die nicht nur unter­hal­ten, son­dern auch Rück­sicht auf die Augen nehmen. KI sorgt dabei für mehr Automa­tisierung, indem sie Muster erken­nt und Geräte eigen­ständig steuert. Für viele Besuch­er wurde klar: Das Smart Home wächst vom net­ten Extra zum alltäglichen Stan­dard – prak­tisch, ver­net­zt und zunehmend intu­itiv bedi­en­bar.

Beitrags­bild © IFA, https://www.ifa-berlin.com/de/galerien

Kosmos Blauer Reiter — 15. Februar bis 18. Mai 2025

Ruhende Pferde

Franz Marc (1880–1916)

Von Wass­i­ly Kandin­sky und Franz Marc 1911 gegrün­det, beze­ich­net der “Blaue Reit­er” eine lose Kün­st­lerge­mein­schaft, die in ihren Werken neue und unkon­ven­tionelle schöpferische Poten­ziale erschloss und so zu einem Weg­bere­it­er der mod­er­nen Kun­st wurde.

Kandin­sky schrieb rück­blick­end: “In Wirk­lichkeit gab es nie eine Vere­ini­gung ‘Der Blaue Reit­er’, auch keine ‘Gruppe’, wie es oft irrtüm­lich beschrieben wird. Marc und ich nah­men das, was uns richtig erschien, […] ohne sich um irgendwelche Mei­n­un­gen oder Wün­sche zu küm­mern.“1

Zu der Kün­st­lerge­mein­schaft gesell­ten sich bald bedeu­tende Kün­stler wie Ernst Lud­wig Kirch­n­er, Paul Klee, Oskar Kokosch­ka und August Macke. Ihre Werke kön­nen vom 15. Feb­ru­ar bis 18. Mai 2025 in der Ausstel­lung “Kos­mos Blauer Reit­er” im Berlin­er Kupfer­stichk­abi­nett besichtigt wer­den.

  1. Wass­i­ly Kandin­sky: Franz Marc im Urteil sein­er Zeit, Köln 1960, S. 49. In: Nor­bert Göt­tler: Der Blaue Reit­er, S. 8 ↩︎

Verdienstvolle Würdigung wenig bekannter Architekten

Die Architek­turhis­torik­erin Ulrike Eich­horn leis­tet mit ihren Mono­grafien zum Wirken bekan­nter Architek­ten in Berlin ver­di­en­stvolle Arbeit und wen­det sich jet­zt zusam­men mit dem Autor Klaus Dettmer den weniger bekan­nten Architek­ten zu, die u.a. im Berlin­er Nor­den zahlre­iche Baut­en hin­ter­lassen haben. Dieses han­dliche Buch eignet sich für Architek­tur­rundgänge, führt in die Geschichte der Architek­tur auf dem Weg in die Mod­erne ein und führt in die so unter­schiedlichen Lebenswege u.a. der Architek­ten Paul Baum­garten, Wern­er Issel, Gus­tav Lilien­thal, Eugen Schmohl, Jean Krämer, Her­mann Blanken­stein, Mar­tin Punitzer und Bruno Buch ein (die für Ken­ner der Architek­turgeschichte, ins­beson­dere der Indus­triekul­tur so unbekan­nt nicht sind). Die Einen­gung im Titel auf Reinick­endorf ist etwas irreführend und erschw­ert das weit­ere Bekan­ntwer­den dieser ver­di­en­stvollen Neuer­schei­n­ung, geht es doch um „Schöpfer…, die nicht nur in Reinick­endorf, son­dern in ganz Berlin ihre Spuren hin­ter­ließen und die Stadt maßge­blich gestal­teten.“ (S. 5) – wie die Bezirks­bürg­er­meis­terin richtig in ihrem Gruß­wort schreibt. Grund­lage ist die Lan­des­denkmalliste. Das Buch enthält 16 Biografien und Werkverze­ich­nisse, schließt mit einem bestens recher­chierten Lit­er­aturverze­ich­nis, das sel­ten in einem Region­alar­chitek­tur­führer zu find­en ist.

Ulrike Eichhorn/Klaus Dettmer: Im Schat­ten bekan­nter Baumeis­ter: Auf dem Weg in die Mod­erne in Reinick­endorf, 134 Seit­en, 72 Abbil­dun­gen, 6 Über­sicht­spläne, Soft­cov­er, Edi­tion Eich­horn, Berlin 2024, ISBN 978–3‑759870–62‑9, 19,99 €.

Mascha Kaléko — Suche nach Heimat

In diesem Roman set­zt Indra Maria Janos der pop­ulären Lyrik­erin Mascha Kaléko ein ein­fühlsam erzähltes Denkmal und gibt dadurch auch ein far­biges Porträt Berlins in den 1920er und 30er Jahre. Es beschränkt sich im wesentlichen auf die Zeit Kalékos in Berlin, obwohl ihre Suche nach Heimat schon nach der Flucht aus Gal­izien begann, die über Frank­furt und Mar­burg nach Berlin führte. Dort fand sie ihre Heimat, war als Autorin erfol­gre­ich, ging Ehen ein, gebar einen Sohn, bis sie als Jüdin von den NS-Herrschaft immer mehr eingeschränkt 1938 in die USA emi­gri­eren kon­nte. Schon 1944 wurde sie US-Bürg­erin, lebte in Israel, besuchte ein let­ztes Mal 1974 Berlin und starb auf dem Rück­weg in Zürich. Die Autorin dieser Roman­bi­ografie lässt sich von eini­gen der her­aus­ra­gen­den auto­bi­ografisch geprägten Gedichte Kalékos anre­gen. So gelingt in diesem Buch ein mitreißen­des Miter­leben von Mascha Kalékos doch nur manch­mal leuch­t­ende Jahre in Berlin (wo natür­lich das Urban-Kranken­haus in Kreuzberg und nicht in Kreuzbach ste­ht – siehe der Druck­fehler auf S. 184).

Indra Maria Janos: Suche nach Heimat — Mascha Kalékos leuch­t­ende Jahre, 368 Seit­en, dtv Ver­lag, München 2022, ISBN: 978–3‑423–26341‑2, EUR 16,95 [DE]

Auch heute ist Heine noch um den Schlaf gebracht

Der Todestag eines Men­schen ist ein geeigneter Tag, sich zu fra­gen, was die jew­eilige Per­son ger­ade macht. Heute ist der Todestag Hein­rich Heines. Und wenn man wis­sen wollte, wie es Heine geht, kon­nte man ihn ein­fach hin­ter dem Kas­tanien­wäld­chen an der Hum­boldt-Uni­ver­sität in Berlin besuchen.

Das war ein pit­toreskes Fleckchen. Abgeson­dert von den Touris­ten­strö­men, die Unter den Lin­den hin­aufziehen. Im schweigsamen Schat­ten eines Neben­por­tals der Uni­ver­sität gele­gen. Von den Wipfeln des Kas­tanien­wäld­chens beschirmt.Das war ein Ort ganz nach Heines Geschmack. Denn Heine suchte schon zu seinen Lebzeit­en nach einem Ruhe­p­ol, beson­ders nach­dem seine schwere Krankheit ihn ans Bett fes­selte. Diese Suche führte ihn durch ganz Paris, wo er ins­ge­samt fün­fzehn Mal umge­zo­gen ist. Let­ztlich war seine Suche von vie­len Mis­ser­fol­gen geprägt.

Heine am Kas­tanien­wäld­chen

Lei­der ist auch sein Ruhe­p­ol hin­ter dem Kas­tanien­wäld­chen nicht von langer Dauer gewe­sen. Zwar verir­ren sich auch heute eher wenige Touris­ten zu Heine, das liegt aber an dem mon­strösen Bunker, den das Max­im Gor­ki The­ater neben seinem Stammhaus errichtet hat. Eine schmale asphaltierte Gasse wurde pro­vi­sorisch über den Platz ver­legt, wobei der ehe­ma­lige Bürg­er­steig dem Gor­ki The­ater als Park­platz für Last­wa­gen dient. Bauuten­silien, Flutschein­wer­fer und Absper­run­gen tra­gen das Übrige zur ver­rot­teten Atmo­sphäre bei. Die Park­bänke, die Heine für Gäste freige­hal­ten hat, müssen als Ablage für zusam­mengekehrtes Herb­st­laub und son­sti­gen Abfall her­hal­ten.

Kein Wun­der, dass Heine dort kaum noch anzutr­e­f­fen ist. Zu seinem Glück ist er an keine irdis­chen Beschränkun­gen mehr gebun­den. So lässt er seine gus­seis­erne Hülle ein­fach an Ort und Stelle zurück, während er sich ander­swo herumtreibt. Schade ist das trotz­dem für alle, die Heine an seinem Todestag besuchen woll­ten.

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