Magazin für Kultur

Autor: Jörg Raach (Seite 2 von 2)

Die Kaiserin von Galapagos

Fundiertes Wis­sen zu den deutsch-iberoamerikanis­chen Beziehun­gen

Diese sehr ken­nt­nis­re­iche Überblicks­darstel­lung zu den Beziehun­gen Deutsch­lands zu den Län­dern Südamerikas regt zur weit­er­führen­den Lek­türe an. Sie ist gle­ichzeit­ig eine pro­funde Geschichtsver­mit­tlung. Ange­fan­gen mit den zahlre­ichen Reise­bericht­en, Bericht­en von Malern und Forsch­ern, Bericht­en aus deutschen Sied­lun­gen in Süd- und Mit­te­lameri­ka bis zu den Schick­salen geflo­hen­er Juden aus Deutsch­land und Öster­re­ich, die in den Gastlän­dern häu­fig mit NS-Anhängern Tür an Tür leben mussten. Straus­feld benen­nt auch wenig bekan­ntes: so hat Moritz Hochschild, der „boli­vian­is­che Schindler“ 9.000 jüdis­chen Flüchtlin­gen Pässe besorgt und die Über­fahrt nach Bolivien bezahlt; der Hapag-Dampfer St. Louis mit 937 Flüchtlin­gen an Bord war keine Aus­nahme, mehrere andere Schiffe wurde die Anlan­dung in Kuba ver­weigert, die Reisenden nach Europa zurück­geschickt und dort ermordet; nicht nur Var­i­an Fry half zahlre­ichen Juden zur Flucht, auch der mexikanis­che Diplo­mat Gilber­to Bosques half 40.000 durch Visum­serteilung zur Flucht.

Straus­felds Darstel­lung der deutsch-iberoamerikanis­chen Beziehun­gen reicht bis in das 21. Jahrhun­dert. Lei­der muss sie kon­sta­tieren: „Der Kon­ti­nent ste­ht bei uns wie schon fün­fzig Jahre zuvor im Abseits.“ (S. 224) Straus­feld wün­scht sich: „neue Kon­tak­te zu knüpfen und neue Brück­en zu bauen…Alleingänge europäis­ch­er Staat­en haben hinge­gen keine Chan­cen mehr im Wettstre­it mit Chi­na und Rus­s­land. Gefragt ist vielmehr ein deut­lich­es EU-Engage­ment für eine priv­i­legierte und noch immer mögliche, wün­schenswerte Part­ner­schaft. Die ‘alte’ hat der ’neuen’ Welt viel zu ver­danken – es an Denkbarkeit aber immer wieder fehlen lassen.“ (S. 236)

Michi Straus­feld: Die Kaiserin von Gala­pa­gos — Deutsche Aben­teuer in Lateinameri­ka, 265 Seit­en, Beren­berg Ver­lag, Berlin 2025, ISBN: 978–3‑911327–05‑3, 26 €

Industriekultur in Berlin

Aktueller Führer zur Indus­triekul­tur in Berlin

Das Berlin­er Zen­trum für Indus­triekul­tur legt mit diesem Buch einen weit­eren vor­bildlichen Führern zu wichti­gen Baut­en der Berlin­er Indus­triekul­tur vor: Pro­funde Objek­tbeschrei­bun­gen, aktuelle und his­torische Fotos, auf­schlussre­iche Infos zur aktuellen Nutzung, weit­er­führende Lit­er­aturhin­weise und Ori­en­tierungskarte­nauss­chnitte und schließlich eine beige­fügte Rad­karte mit Erläuterun­gen zu weit­eren Orten der Indus­triekul­tur des vorgestell­ten Gebi­ets. Diese vier groß­for­matige Bände umfassende Rei­he der Berlin­er Schriften zur Indus­triekul­tur ist jet­zt in Neuau­fla­gen voll­ständig im L&H Ver­lag ver­füg­bar. Mit dem Berlin­er Bezirk Tem­pel­hof-Schöneberg wer­den weit­ere Kernge­bi­ete der indus­triellen Entwick­lung vorgestellt. Dabei sind in dieser Rei­hen­folge drei Bere­iche her­aus­ra­gend: Verkehr und Mobil­ität, Pro­duk­tion und Ver­sorgung, Medi­en und Kom­mu­nika­tion. Entschei­dend für die indus­trielle Entwick­lung in diesem Bezirk waren die infra­struk­turelle Voraus­set­zun­gen: die Erschließung durch die Eisen­bahn und den Tel­towkanal. Hier siedel­ten sich eisen­ver­ar­bei­t­ende und Fahrzeug­in­dus­trie-Betriebe an. Wichtig waren auch die Ver­sorgungs­be­triebe wie die Gaswerke Schöneberg und Marien­dorf. Her­aus­ra­gende Baut­en der Indus­triekul­tur im Bezirk sind allerd­ings Baut­en der Medi­en und Kom­mu­nika­tion: Das Ull­stein-Druck­haus und das ehe­ma­lige Reich­spostzen­tralamt. Auch der ehe­ma­lige Flughafen Tem­pel­hof ist im weit­eren Sinne ein bedeu­ten­des Denkmal der Indus­triekul­tur. Ihm wäre eine die für viele im Buch genan­nten Baut­en erre­ichte sin­nvolle Umnutzung noch zu wün­schen.

Berlin­er Zen­trum Indus­triekul­tur (Hrsg.): Tem­pel­hof-Schöneberg – Berlin­er Indus­triekul­tur – Für mehr Berlin: hier lang,
Berlin­er Schriften zur Indus­triekul­tur, Band 4, 56 Seit­en, far­bige und his­torische Fotografien, Broschur mit her­aus nehm­bar­er Faltkarte (Radrouten, Route 5 Eisen­bahn und Lan­de­bahn), ISBN 978–3‑939629–72‑6, L&H Ver­lag, Berlin 2025, 12 €

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