Magazin für Kultur

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100 Jahre Bauhaus — Höhepunkte in Sachsen-Anhalt

Die Eröff­nung des Bauhaus Muse­um Dessau am 8. Sep­tem­ber 2019 ist der Höhep­unkt des Jubiläum­s­jahrs 100 Jahre Bauhaus. Erst­mals ist die Samm­lung der Stiftung Bauhaus Dessau umfassend zu sehen und verbindet das Muse­um als eigen­ständi­ger, zeit­genös­sis­ch­er Ort die Bauhaus­baut­en in Dessau mit dem Stadtzen­trum.

Das Bauhaus Museum Dessau

Im Jahr 2015 hat das Architek­turkollek­tiv adden­da archi­tects aus Barcelona unter 831 Ein­re­ichun­gen den inter­na­tionalen, offe­nen Architek­tur­wet­tbe­werb gewon­nen. Nach ihrem Konzept ist ein trans­par­enten Kor­pus ver­wirk­licht wor­den, der die schwebende Black Box als Ort für die Samm­lung und das Erdgeschoss als Offene Bühne für zeit­genös­sis­che Posi­tio­nen und Wech­se­lausstel­lun­gen umfasst.

Das neue Bauhaus Muse­um © Dr. Jörg Raach

Anre­gend und umfassend präsen­tiert die Ausstel­lung „Utopie und All­t­ag — Ver­suchsstätte Bauhaus. Die Samm­lung“ Architek­turen­twürfe, Gemälde, Fotografien, Möbel, Leucht­en, Tex­tilien, Tape­ten und Schrift­typen. In the­ma­tis­chen Kapiteln zeigt sie, dass das Lehren, Gestal­ten und Bauen am Bauhaus der Verän­derung, Verbesserung und Gestal­tung der Gesellschaft dienen sollte. Anhand von Lehrer-Schüler-Paaren wird beispiel­haft gezeigt, wie wer mit wem konkret zusam­mengear­beit­et hat. So haben Moholy-Nagy mit Mar­i­anne Brandt und Gun­ta Stöl­zl mit Paul Klee sehr eng an gemein­samen Pro­jek­ten zusam­mengear­beit­et.

Wand­be­hang von Gun­ta Stöl­zl © Dr. Jörg Raach

Bauhaus in der DDR

Weniger bekan­nt und in der Ausstel­lung im Teil zur Geschichte der Bauhaus-Rezep­tion inter­es­sant präsen­tiert wird die Wieder­ent­deck­ung des Bauhaus­es in der DDR nach der Ver­fe­mu­ng in der NS-Dik­tatur und der Zeit langer Mis­sach­tung unter der SED-Herrschaft. 145000 Mark für 148 Arbeit­en von Bauhäus­lerin­nen stellte die “Galerie am Sach­sen­platz” in Leipzig der Stadt Dessau am 1. Novem­ber 1976 in Rech­nung. Von Keramik bis Möbel bis zu Feininger- und Klee-Werken, es war eine bunte Mis­chung. Aus­gestellt wur­den diese Objek­te erst­mals im Bauhaus­ge­bäude, das am 4. Dezem­ber 1976 zum 50. Jahrestag des Bauhaus­es als Wis­senschaftlich Kul­turelles Zen­trum in der DDR wieder­eröffnet wurde. Der Ankauf bildete das Fun­da­ment der heute über 49.000 Objek­te zäh­len­den Samm­lung der Stiftung Bauhaus Dessau. Sie ist nach Berlin (wo die über­wiegend auf Gropius zurück­ge­hen­den Bestände ein­er Präsen­ta­tion im erweit­erten Bauhaus-Archiv ab 2023 har­ren!) die weltweit zweit­größte Samm­lung.

Bauhaus-Häuser

Ein Muss beim Besuch Dessaus sind die dort zu sehen­den Bauhaus-Häuser. Die knapp sieben Jahre Dessauer Bauhaus (1925–1932) waren die Hoch­phase der Bauhaus-Architek­tur. Darum befind­en sich die meis­ten Bauhaus­baut­en in Dessau: das Bauhaus- Schul­ge­bäude, die Meis­ter­häuser, die Sied­lung Dessau-Törten, das Korn­haus, Haus Fieger, das Stahlhaus und das Arbeit­samt.

Schulgebäude

Das Bauhaus-Gebäude der Schule wurde 1926 fer­tig gestellt. Ent­wor­fen wurde das Gebäude vom Bauhaus­grün­der Wal­ter Gropius im Auf­trag der Stadt Dessau. Die Pläne ent­standen in seinem pri­vat­en Büro, über eine Architek­turabteilung ver­fügte das Bauhaus erst ab 1927. Die Innenausstat­tung des Gebäudes ent­stand in den Werk­stät­ten der Hochschule. Finanziell unter­stützt wurde das Pro­jekt von der Stadt Dessau, die auch das Grund­stück zur Ver­fü­gung stellte. Heute kön­nen hier bei Führun­gen die restau­ri­erten Werk­stat­träume, die Men­sa, der Fest­saal und das Direk­toren­z­im­mer besichtigt wer­den.

Direk­toren­z­im­mer © Dr. Jörg Raach

Der über­wiegend helle Anstrich des Kom­plex­es bildet einen reizvollen Kon­trast zu den dun­klen Gla­se­in­fas­sun­gen. Im Inneren wird mit unter­schiedlichen Far­ben an tra­gen­den und verklei­den­den Ele­menten die Kon­struk­tion des Baus verdeut­licht. Die Hochschule für Gestal­tung musste 1932 auf Druck der bei Gemein­de­wahlen siegre­ichen Nation­al­sozial­is­ten geschlossen wer­den. Im Krieg trafen Bomben den Kom­plex, die Schä­den repari­erte man zunächst nur not­dürftig. 1972 ist das Gebäude dann unter Denkmalss­chutz gestellt und erst­mals restau­ri­ert wor­den. Eine umfassende Sanierung erfol­gte, nach­dem die UNESCO das Bauhaus­ge­bäude zum Weltkul­turerbe erk­lärt hat­te, sie wurde 2006 abgeschlossen. In rein­sze­nierten Ate­lierz­im­mern des Bauhaus­ge­bäudes kön­nen übri­gens auch Besuch­er über­nacht­en.

Bauhaus­ge­bäude © Dr. Jörg Raach

Meisterhäuser

Par­al­lel zum Bauhaus­ge­bäude wurde Wal­ter Gropius von der Stadt Dessau mit dem Bau von drei bau­gle­ichen Dop­pel­häusern für die Bauhaus­meis­ter und einem Einzel­haus für den Direk­tor beauf­tragt. Errichtet wur­den sie in einem Kiefer­n­wäld­chen in Nähe des Schul­ge­bäudes. Ineinan­der ver­schachtelte, unter­schiedlich hohe kubis­che Kör­p­er geben den Häusern ihre Gestalt. Zur Straße hin wer­den die Dop­pel­häuser von großzügig ver­glas­ten Ate­liers geprägt, an den Seit­en lassen Glas­bän­der Licht in die Trep­pe­naufgänge.

Die Liste der Bewohner­in­nen liest sich wie ein „Who is Who“ der Mod­erne, zu ihnen gehörten neben den drei Direk­toren Wal­ter Gropius, Hannes Mey­er, Lud­wig Mies van der Rohe, Lás­zló Moholy-Nagy und Lyonel Feininger, Georg Muche, Oskar Schlem­mer, Wass­i­ly Kandin­sky und Paul Klee mit ihren Fam­i­lien. Das Direk­toren­haus wurde im Krieg zer­stört, erst vor weni­gen Jahren ist es rekon­stru­iert wor­den, allerd­ings so, dass es als Nach­bau erkennbar bleibt. Gle­ichzeit­ig wurde auch der einzige von Lud­wig Mies van der Rohe in Dessau umge­set­zte Bau wieder­hergestellt. Dabei han­delte es sich um eine Trinkhalle an der Ost­spitze der Sied­lung, die man 1970 abgeris­sen hat­te. Das restliche Ensem­ble der Meis­ter­häuser ist bere­its 1992 umfassend saniert wor­den. Durch seine Far­bigkeit fasziniert beson­ders das ursprünglich von Kandin­sky und Klee bewohnte und malerisch aus­gestal­tete Meis­ter­haus.

Saniertes Meis­ter­haus von Kandin­sky und Klee © Dr. Jörg Raach

Kornhaus

Für die weit­eren Besuche der her­aus­ra­gen­den Bauhaus-Baut­en in Dessau emp­fiehlt sich die Nutzung der Bauhaus-Buslin­ie 10. Der Bus bringt die Besuch­er von den Meis­ter­häusern zum Korn­haus, ein­er Gast­stätte in typ­is­ch­er Bauhaus-Architek­tur mit schö­nen Blick über den Elb­de­ich. Der Name erin­nert an einen his­torischen Getrei­despe­ich­er, der hier bis in die 1870er-Jahre ges­tanden hat­te.

Korn­haus © Dr. Jörg Raach

Das Arbeitsamt und die Siedlung Törten

Der Bauhaus-Bus führt von dort am Gropius-Bau des Dessauer Arbeit­samts (der mit gel­ben Ziegeln verklei­dete Stahlbau ist ein rich­tung­weisendes Beispiel für die funk­tion­al­is­tis­che Architek­tur, kennze­ich­nend ist ein vorge­lagert­er ein­stöck­iger Rund­bau mit gläsernem Shed­dach für den Pub­likumsverkehr) vor­bei in den Süden Dessaus zur Sied­lung Törten. Hier ent­stand 1928 nach Plä­nen Wal­ter Gropius eine Muster­sied­lung mit 314 Häusern, die durch sparsame Bauweise auch Arbeit­ern ein Eigen­heim mit Garten zur Selb­stver­sorgung ermöglichte. Im gle­ich­falls von Gropius ent­wor­fe­nen Kon­sumge­bäude führt eine Ausstel­lung in die Entste­hungs­geschichte der Sied­lung ein. Hier begin­nen auch täglich Führun­gen durch die Sied­lung, in der auch die vom Bauhaus-Direk­tor Hannes Mey­er geplanten fünf Lauben­ganghäuser (90 soge­nan­nte „Volkswoh­nun­gen“, hier ist auch eine Muster­woh­nung zu besichti­gen) und das 1927 fer­tiggestellte Stahlhaus (ein Stahltafel­bau von Georg Muche und Richard Paulick von 1927) zu sehen sind. Noch bis 9. Novem­ber 2019 ist die Freiraum-Ausstel­lung Unsicht­bare Orte in Dessau zu sehen. Sie führt zu Gebäu­den und Plätzen in Dessau, wo Bauhäus­lerin­nen zwis­chen 1925 und 1932 gelebt, gewirkt und gerne ihre Freizeit ver­bracht haben.

Der Einfluss der Bauhausschüler auf das Dessauer Stadtbild

Die Bauhauss­chüler waren in Dessau keine Außen­seit­er. Sie formten das Stadt­bild und prägten das gesellschaftliche Leben (unter anderem auf Bauhaus­festen). Sie gestal­teten Fas­saden und Pavil­lons für Parks, ent­war­fen Wer­be­broschüren und stat­teten Schaufen­ster aus. Mit gut 100 Dessauer Fir­men arbeit­ete das Bauhaus eng zusam­men. Und mit Möbeln und Tex­tilien hielt das Bauhaus auch in das Pri­vatleben viel­er Dessauer Einzug. An dieses nicht mehr Sicht­bare erin­nert diese Freilich­tausstel­lung an 13 im ganzen Stadt­ge­bi­et verteil­ten Bild­bänken, an denen auch über QR-Codes Hörstücke abgerufen wer­den kön­nen.

Ein Höhepunkt: Die Bauhaus-Ausstellung in der Moritzburg in Halle

Der zweite Höhep­unkt in Sach­sen-Anhalt im Jubiläum­s­jahr „100 Jahre Bauhaus“ ist die Ausstel­lung in der Moritzburg Halle: „Bauhaus Meis­ter Mod­erne — Das Come­back“, die vom 29.09.2019 — 12.01.2020 geöffnet ist. Sie vere­int hochkarätige Meis­ter­w­erke aus inter­na­tionalen Samm­lun­gen mit bis­lang sel­ten bzw. noch gar nicht gezeigten Werken aus den Muse­ums­bestän­den. Haupt­teil der Ausstel­lung ist die Rekon­struk­tion der ersten Samm­lung mod­ern­er Kun­st im Kun­st­mu­se­um Moritzburg. Bis zum Jahr 1933 galt diese Samm­lung als eine der führen­den in Deutsch­land für die zeit­genös­sis­che Kun­st – die heutige klas­sis­che Mod­erne. Das hallesche Muse­um wurde damals gle­ich­berechtigt mit der Mod­erne-Samm­lung der Berlin­er Nation­al­ga­lerie im Kro­n­prinzen­palais Unter den Lin­den genan­nt. Auf ein­er Fläche von rund 1.000 qm im 1. Obergeschoss des zen­tralen West­flügels der Moritzburg sind ca. 350 Objek­te der bilden­den und ange­wandten Kun­st zu sehen, die zwis­chen 1908 und 1938 erwor­ben wur­den. In ver­tiefend­en Kabi­net­ten wer­den Gemälde von Lyonel Feininger, Wass­i­ly Kandin­sky, Paul Klee, Georg Muche und Oskar Schlem­mer, jene Maler, die zwis­chen 1919 und 1933 als Meis­ter am Bauhaus in Weimar, Dessau und Berlin lehrten. Unter den aus­gestell­ten Werken befind­en sich zudem Gemälde, Aquarelle und Zeich­nun­gen von Ernst Lud­wig Kirch­n­er, Emil Nolde, Oskar Kokosch­ka, Erich Heck­el, El Lis­sitzky, George Grosz. Zum Teil sind die Lei­h­gaben aus den USA, Europa und Japan erst­mals über­haupt öffentlich zu sehen, zum Teil kehren sie seit den 1970er/80er Jahren erst­mals wieder nach Deutsch­land zurück. Ein­er der Höhep­unk­te der Samm­lungsrekon­struk­tion ist die Wiedervere­ini­gung von 7 der einst 11 Gemälde des Halle-Zyk­lusses von Lyonel Feininger. Zu den 3 Gemälden aus der Muse­umssamm­lung, Rot­er Turm I, Marienkirche mit dem Pfeil und Der Dom in Halle, kom­men hinzu: Am Trödel, Marienkirche I, Rot­er Turm II und Mark­tkirche in Halle. In ein­er attrak­tiv­en Alt­stadtroute lassen sich die his­torischen Per­spek­tiv­en der Feininger-Gemälde via Ste­len­in­fos und Audiowalk mit der heuti­gen Sicht verble­ichen (feininger-halle.de).

Gropius virtuell erleben

Ein beson­deres virtuelles Muse­um­ser­leb­nis bietet die Präsen­ta­tion von Wal­ter Gropius‘ Entwurfs für ein Kul­tur- und Sportzen­trum für Halle, die „Stadtkro­ne“. 1927 nahm Wal­ter Gropius am Architek­tur­wet­tbe­werb der Stadt Halle (Saale) für diese mod­erne „Stadtkro­ne“ teil. Gropius‘ Entwurf wurde mit keinem Preis bedacht. Er war zu visionär und sein­er Zeit voraus. Dieser geplante Baukom­plex wurde nie real­isiert. Dank ein­er Koop­er­a­tion mit dem Stu­di­en­gang Multimedia|VR-Design der Burg Giebichen­stein Kun­sthochschule Halle mith­il­fe mod­ern­er Vir­tu­al-Real­i­ty-Tech­nolo­gie ist erst­mals das Stadtkro­nen-Gelände sowie vor allem das von Wal­ter Gropius ent­wor­fene Kun­st­mu­se­um bege­hbar. In ein­er beein­druck­enden virtuellen Präsen­ta­tion kann Gropius‘ visionär­er Muse­ums­bau mit ein­er Ausstel­lungs­fläche von 3.000 qm durch­schrit­ten wer­den. Im Inneren dieses beispiel­haften Muse­um­spro­jek­tes des Neuen Bauens ent­fal­tet sich die kom­plette Samm­lung der Mod­erne des halleschen Muse­ums, wie sie zum einen bis 1937 bestand und zum anderen mit­tels der orig­i­nalen Werke heute nicht mehr voll­ständig rekon­stru­ier­bar ist. Dafür wur­den nahezu 500 Kunst­werke ges­can­nt, fotografiert und in 3D mod­el­liert sowie in die neuen virtuellen Ausstel­lungsräume inte­gri­ert.

Bauhaus auf Burg Giebichenstein in Halle

Bedeu­tend weit über Halle hin­aus ist die renom­mierte Design- und Kun­sthochschule Burg Giebichen­stein, eine ehe­ma­lige Handw­erk­er­schule, die ab 1915 von Paul Thier­sch nach den Grund­sätzen des Deutschen Werk­bun­des reformiert wurde. Der vom Bauhaus kom­mende Bild­hauer Ger­hard Mar­cks wirk­te hier und schuf die ein­drucksvollen Tier­skulp­turen an der Giebichen­stein­brücke. Für das Neue Bauen sind in Halle weg­weisend: die vom Architek­ten Wal­ter Tuten­berg 1928 errichtete Groß-Garage Süd, sie gehört mit ihren 150 Stellplätzen auf fünf Parkdecks und ihrer damals hochmod­er­nen Aufzugsan­lage zu den ältesten Parkhäusern Deutsch­lands; die Franziskan­erkirche „Zur Heilig­sten Dreieinigkeit“ des Architek­ten Wil­hem Ulrich, eine der ersten Kirchen ohne klas­sis­chen Lang­haus und Kirch­turm, son­dern sech­seck­igem Grun­driss und kup­pelar­tigem Mit­te­lauf­bau.

Bauhaus in Merseburg

Nicht weit von Halle ent­fer­nt bietet die ehe­ma­lige Res­i­den­zs­tadt Merse­burg neben ihrem ein­drucksvollen Schlos­sare­al auch an Neuem Bauen inter­essierten Besuch­ern ein reizvolles Ziel. 2019 wird das Friedrich Zollinger Jahr began­gen. Von 1918 bis 1930 war der Architekt in Merse­burg Stadt­bau­rat und konzip­ierte einen Bebau­ungs­plan für die von Krieg und Woh­nungsnot geze­ich­nete Stadt. Ab 1922 ent­standen unter sein­er Regie zehn neue Stadtvier­tel, die mit Hil­fe sein­er eige­nen­twick­el­ten Bautech­nolo­gie (Schüt­t­be­ton­bauweise und spitz- und rund­bo­gen­för­mige Dachgewölbe aus maschinell vor­pro­duzierten Holzbret­tern) und Beteili­gung der kün­fti­gen Bewohn­er Vor­bild­charak­ter haben. Rundgänge zu den zahlre­ich erhal­te­nen Zollinger-Sied­lun­gen und öffentliche Baut­en wie dem ehe­ma­li­gen Gesund­heit­samt sind über Kul­turhis­torische Muse­um Schloss Merse­burg buch­bar.

Kunst und Kultur in Sachsen-Anhalt

Eine Reise nach Sach­sen-Anhalt lohnt sich in diesem Jahr beson­ders. Das 100-jährige Jubiläum der Bauhaus-Grün­dung ist Anlass zur Präsen­ta­tion ein­er Vielfalt von Baut­en der Mod­erne. Von den ca. 100 Zie­len der „Grand Tour der Mod­erne“, einem bun­desweit­en Net­zw­erk her­aus­ra­gen­der Bauw­erke der Mod­erne, liegen 39 in Sach­sen-Anhalt.

Magdeburg — Bauhaus inmitten historischer Mauern

Rich­tungsweisende Architek­tur der Bauhaus-Ära inmit­ten his­torisch­er Mauern in ein­er der ältesten Städte Deutsch­lands – das gibt es vor allem in Magde­burg. Seit dem Mit­te­lal­ter zählt die Stadt zu den Vor­re­it­ern. Hier hat schon 968 der erste deutsche Kaiser, Otto der Große, seine prächtige Lieblingsp­falz errichtet. Er machte die Stadt zum Mit­telpunkt der poli­tis­chen Herrschaft und ließ den kolos­salen Magde­burg­er Dom erbauen. Im 12. Jahrhun­dert wurde hier eines der ersten Stadtrechte Europas geschrieben.

Her­mann-Beims-Sied­lung © Magde­burg Mar­ket­ing, Con­rad Engel­hardt

Rund 700 Jahre später waren die Magde­burg­er wieder die Ersten. Mit der Her­mann-Beims-Sied­lung ist in den 1920er Jahren die erste deutsche Großsied­lung der Mod­erne ent­standen. Vielfältige Fas­saden­far­ben, licht­durch­flutete Räume und Frischluftschneisen waren die Maxime der dama­li­gen Architek­ten. In ein­er his­torisch möblierten Gästewoh­nung in der Beimsstraße kön­nen sich Gäste übri­gens ein­mi­eten (Buchung unter gs-sued@wobau-magdeburg.de).

Albin­müller­turm © Magde­burg Mar­ket­ing, www.magdeburger-platte.de

Magde­burg wurde zum Zen­trum inno­v­a­tiv­er Städte­bauer und Kün­stler. In reko­rd­verdächti­gen viere­in­halb Monat­en wuchs hier für die Deutsche The­at­er­ausstel­lung 1927 die Stadthalle in Stahlskelet­tbauweise in die Höhe. Unmit­tel­bar daneben ragt der Albin­müller-Turm als eines der Wahrze­ichen Magde­burgs in die Höhe. Die Gestal­tung des Turms des Architek­ten Albin Müller nimmt die Ideen ein­er Glas- und Lichtar­chitek­tur des in Magde­burg als Stadt­plan­er täti­gen Bruno Tauts auf. Vom Turm hat der Besuch­er einen ein­drucksvollen Blick auf Magde­burg mit seinem her­raus­ra­gen­den Ensem­ble im Stil des Neuen Bauens und sein­er grü­nen Umge­bung. Abends ist die gläserne Turm­spitze far­big beleuchtet.

Dom mit dem Hun­dert­wasser­bau “Die Grüne Zitadelle” © Magde­burg Mar­ket­ing, Andreas Lan­der

Der ganz beson­dere architek­tonis­che Höhep­unkt aus der Gegen­wart ist die von Frieden­sre­ich Hun­dert­wass­er ent­wor­fene Grüne Zitadelle. Fer­tiggestellt wurde sie im Jahr 2005. Es han­delt sich dabei um das let­zte Pro­jekt, an dem Hun­dert­wass­er vor seinem Tod gear­beit­et hat. Die Grüne Zitadelle umschließt zwei Innen­höfe, im größeren gibt es einen Spring­brun­nen. Der Name des Baukom­plex geht auf das gras­be­wach­sene Dach und die Bäume im und am Gebäude. Im Erdgeschoss befind­en sich mehrere Läden, ein Café und ein Restau­rant. Unter anderem ste­ht hier in der „Infor­ma­tion in der Grü­nen Zitadelle“ auch das orig­i­nale Bau­mod­ell. Im Gebäude befind­et sich neben 55 Woh­nun­gen auch ein The­ater und ein ART-Hotel.

Aschersleben — die älteste Stadt Sachsen-Anhalts

Die Inter­na­tionale Bauausstel­lung, die Lan­des­garten­schau 2010 und nicht zulet­zt über 20 Jahre Stadt­sanierung haben dem his­torischen Asch­er­sleben neues Leben einge­haucht. Ver­woben mit Architek­tur des 21. Jahrhun­derts macht diese beson­dere Mis­chung Asch­er­sleben heute so sehens- und liebenswert.

Fol­gen Sie den aus­geschilderten Routen rund um die Stadt­be­fes­ti­gung, durch die Gärten und Parks oder quer durch die Alt­stadt mit ihren wertvollen Architek­tur­denkmalen. Rund um die Alt­stadt an einem grü­nen Prom­e­naden­ring erheben sich die Türme der früheren Stadt­be­fes­ti­gung und wenige Meter weit­er am Eine-Flüss­chen lock­en die ehe­ma­li­gen Parks der Lan­des­garten­schau 2010, die seit­dem zu den „Gar­ten­träu­men“, den his­torischen Parks in Sach­sen-Anhalt, gehören. Die architek­tonis­che Vielfalt von der Gotik über Fach­w­erk­baut­en, Barock, Renais­sance, Jugend- und Heimat­stil von Hans Heck­n­er bis hin zu mod­ern­er Architek­tur des 21. Jahrhun­derts ver­lei­hen der Alt­stadt ihr beson­deres Erschei­n­ungs­bild und machen Lust zum Flanieren. Das Wahrze­ichen der Stadt, die 500 Jahre alte St. Stephanikirche, hat ihre Türen für Besuch­er geöffnet und am Markt beein­druckt das Rathaus mit seinen Giebeln und Tür­men aus drei Jahrhun­derten. Ein Juwel mit­ten in der Alt­stadt ist der Graue Hof – ältester Pro­fan­bau der Stadt und jet­zt Kul­turzen­trum mit gas­tronomis­chen Ange­bot.

Grafik­s­tiftung Neo Rauch © Asch­er­sleben Kul­tur­anstalt (AKA) AöR

Ein beson­der­er Tipp für Kun­stin­ter­essierte: Im Riegel­bau des Beste­horn­parks ist das grafis­che Werk des in Leipzig gebore­nen und in Asch­er­sleben aufgewach­se­nen Malers Neo Rauch zu sehen. Mit der Ini­ti­ierung der Grafik­s­tiftung hat er seine Heimat­stadt zu ein­er Attrak­tion in der Kunst­welt gemacht. Mit der 2012 gegrün­de­ten Stiftung ist die Möglichkeit gegeben, das grafis­che Werk des Kün­stlers, das seit 1993 ent­standen ist, aus­führlich und schw­er­punk­t­mäßig zu präsen­tieren. Es wird außer­dem je ein Exem­plare aller zukün­ftig entste­hen­den grafis­chen Werke in den Bestand der Stiftung einge­hen. Schon im Juni 2012 kon­nte die Stiftung ihre Räume im Bil­dungscam­pus, ein architek­tonisch her­raus­ra­gen­der Baukom­plex auf dem Gelände von einst Europas größter Papi­er- und Druck­fab­rik beziehen.

Weltkulturerbe-Stadt Quedlinburg

Auch Quedlin­burg, eine der touris­tis­chen Haup­tat­trak­tio­nen in Sach­sen-Anhalt, bietet Kun­st­genuss aus der Bauhaus-Zeit. Die Lyonel-Feininger-Galerie ist ein Muse­um und Ausstel­lung­shaus für die Kun­st des 20. Jahrhun­derts und der Gegen­wart. Sie ist dem Werk Lyonel Feiningers, der mit seinem „Pris­mais­mus“ einen eige­nen Stil schuf und als 40-Jähriger erster Meis­ter am Bauhaus wurde, gewid­met und ver­fügt mit der Samm­lung des Bauhäuslers und Quedlin­burg­ers Her­mann Klumpp, die sich als Dauer­lei­h­gabe in der Lyonel-Feininger-Galerie befind­et, über einen der weltweit bedeu­tend­sten Bestände an Druck­grafiken Feiningers. Zahlre­iche Aquarelle und Zeich­nun­gen sowie einige Fotografien und Objek­te von Feiningers Hand bere­ich­ern den Bestand. Vom 25. Mai bis 2. Sep­tem­ber wer­den hier neben der Dauer­ausstel­lung zwei attrak­tive Son­der­ausstel­lun­gen geboten: „Die Feiningers. Ein Fam­i­lien­bild am Bauhaus“ untern­immt erst­mals den Ver­such, den kün­st­lerischen Auf­bruch der Mod­erne am Beispiel ein­er Kün­stler­fam­i­lie sicht­bar zu machen. „rot, gelb, blau. Das Bauhaus für Kinder“ — hier kön­nen nicht nur Kinder an einzel­nen Sta­tio­nen exper­i­men­tieren und sich aus­pro­bieren.

Die größte Sehenswürdigkeit in Quedlin­burg ist die Stadt selb­st. Auf ein­er Fläche von gut 80 ha drän­gen sich über 2000 malerische Fach­w­erkhäuser. Wie in einem bun­ten Bilder­buch lässt sich an den oft reich geschmück­ten Fas­saden die Entwick­lung dieser Bauweise über acht Jahrhun­derte able­sen. Mit diesem ein­ma­lig geschlosse­nen his­torischen Stadt­bild ste­ht Quedlin­burg in der ersten Rei­he deutsch­er Fach­w­erk­städte und wurde 1994 in die UNESCO — Wel­ter­beliste der schützenswerten Kul­turgüter aufgenom­men.

Bernburg — ein weiteres Juwel in Sachsen-Anhalt

Schloss Bern­burg mit dem Eulen­spiegel­turm, die liebevoll sanierte Alt­stadt mit vie­len Sehenswürdigkeit­en – dem Carl-Maria-von-Weber-The­ater, dem Rathaus mit der bekan­nten Blu­menuhr und der geografisch — astronomis­chen Kun­stuhr, der Fürsten­gruft mit prachtvollen Sär­gen der­er zu Anhalt — Bern­burg begeg­nen den Gästen bei ihrem Bum­mel durch die Stadt.

Zick­za­ck­hausen, PMF8323 © Ingo Got­tlieb (Halle/Saale)

Mit der MS „Saale­fee“, dem vol­lk­li­ma­tisierten Fahrgastschiff geht es durch den Natur­park „Unteres Saale­tal“. Land­schaftlich ist die Umge­bung von Bern­burg durch das Harzvor­land und die Saaleauen geprägt. Bern­burg (Saale) liegt an der „Straße der Romanik“, am „Blauen Band“ und am Luther­weg sowie an der „Grand Tour der Mod­erne“ Sach­sen-Anhalt. Hier ist als her­raus­ra­gen­des Bauw­erk der Mod­erne die in der Tra­di­tion der Garten­städte 1928/1929 gebaute Sied­lung „Zick­za­ck­hausen“ sehenswert. Von den Architek­ten und Stadt­plan­ern Leopold Fis­ch­er und Leberecht Migge, einem Schüler des Wieners Adolph Loos, konzip­iert, ist diese Sied­lung am nördlichen Stad­trand von Bern­burg am Rande eines großen Kalk­a­b­bau-Tage­bauge­bi­ets zu find­en. Den Namen ver­dankt sie den um 90 Grad gedreht­en und ver­set­zt ange­ord­neten Baukör­pern. Visionäre Ideen der Selb­stver­sorgung in den großen zu den Eigen­heimen gehören­den Gar­te­nan­la­gen und zur Mül­lver­mei­dung ver­suchte man hier bere­its inno­v­a­tiv umzuset­zen.

Die über­re­gionalen Rad­wan­der­wege Europarad­weg R1, der Saale – Rad­wan­der­weg und der Luther­weg sowie zahlre­iche regionale Rundwege queren die Stadt und machen den Besuch Bern­burg lohnend.

Quel­lenangaben:

  • Albin­müller­turm: Magde­burg Mar­ket­ing, www.magdeburger-platte.de
  • Her­mann-Beims-Sied­lung: Magde­burg Mar­ket­ing, Con­rad Engel­hardt
  • Dom mit dem Hun­dert­wasser­bau “Die Grüne Zitadelle”: Magde­burg Mar­ket­ing, Andreas Lan­der
  • Grafik­s­tiftung Neo Rauch: Asch­er­sleben Kul­tur­anstadt (AKA) AöR
  • Zick­za­ck­hausen: PMF8323, Ingo Got­tlieb (Halle/Saale)

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