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Denis Schecks tiefe Einsichten zum Lesen

Lit­er­aturkri­tik­er Denis Scheck gibt in seinem neuen Buch einen Rück­blick über die SPIEGEL-Best­sellerlis­ten der let­zten 20 Jahre. Man kann sich fra­gen: Welchen Sinn hat das außer Ärg­er über die Verkauf­ser­folge von Büch­ern, die Aus­druck des Mas­sen­geschmacks sind (wie Scheck immer wieder betont)? Tat­säch­lich ist es aber ein reizvoller Rück­blick auf die let­zten 20 Jahre, denn die Best­sellererfolge spiegeln Entwick­lun­gen in der Gesellschaft und immer wieder gelingt aus nicht nachvol­lziehbaren Grün­den guten Büch­ern der Sprung in die Best­sellerlis­ten (das sind dann von Scheck begrün­dete Leseempfehlun­gen). Scheck bre­it­et seine wirk­lich umfassende All­ge­mein­bil­dung aus (wie ist ein so großes Lesevol­u­men zu schaf­fen?), ver­mit­telt inter­es­sante Infor­ma­tio­nen zum Entste­hen von Best­sellerlis­ten, vor allem aber gibt er pro­fund begrün­dete Antworten auf diese Fra­gen: Kön­nen Büch­er Trost spenden? Lesen Büch­er ihre Leser? Kön­nen Büch­er Fre­unde sein? Tau­gen Büch­er als Ther­a­pie? Zählen Geschichts­büch­er zur Lit­er­atur? Was erzählen Büch­er über die Natur? Leben Lesende Länger? Wie verän­dern Büch­er unser Leben? Machen uns Büch­er zu besseren Men­schen? Warum sind so viele Büch­er Krim­is? Sind Büch­er Zeit­maschi­nen? Stiften Büch­er Werte? Sind Büch­er Spiegel oder Fen­ster? Kann man aus Büch­ern lieben ler­nen? Kön­nen Büch­er die Zukun­ft vorher­sagen? Ret­ten Büch­er Leben?

Denis Scheck: Schecks Best­seller Bibel – Schätze und Schund aus 20 Jahren, Piper Ver­lag, München 2024, 432 Seit­en, Hal­bleinen­band, EAN 978–3‑492–07294‑6, 28.00 €.

Treffendes Zeitpanorama

Die Krim­i­nal­ro­mane um Kom­mis­sar Gere­on Rath, die mit diesem zehn­ten Band ihren Abschluss find­en, sind vor allem deshalb sehr lesenswert, weil sie nicht nur span­nende Hand­lun­gen, tre­f­fende Per­so­n­en- und Milieubeschrei­bun­gen bieten, son­dern Zeit­panora­men bieten, deutsche Zeit­geschichte erleb­bar machen. Über­wiegend spie­len die Romane in Berlin, das ken­nt­nis­re­ich und pointiert geschildert wird („Stadt voller unge­ho­bel­ter Ego­is­t­en…“ S. 134). Die Buchrei­he begann zum Ende der Weimar­er Repub­lik und endet jet­zt mit der aus mehreren Per­spek­tiv­en geschilderten Pogrom­nacht Novem­ber 1939, der erste Höhep­unkt der Juden­ver­fol­gun­gen. Das Wesen des NS-Ter­rorsys­tem wird in fast allen Begeg­nun­gen und Hand­lungssträn­gen des Romans erleb­bar, insofern ist er keine angenehme Lek­türe, wenn auch sel­tene Glücksmo­mente (wie das Leben in Ade­nauers Fam­i­lie oder die Fre­und­schaft Friedrichs mit einem Jun­gen aus jüdis­ch­er Fam­i­lie) geschildert wer­den und manche beson­ders bru­tale NS-Amt­sträger gerächt wer­den. Volk­er Kutsch­ers Romane bilden die Grund­lage für die  Kult­serie „Baby­lon Berlin“. Die Sky- und ARD-Serie gilt als eine der erfol­gre­ich­sten deutschen Fernseh­pro­duk­tio­nen, ist aber weit reißerisch­er, ent­fer­nt sich oft von den so gelun­genen Roman­vor­la­gen.

Volk­er Kutsch­er: Rath, 624 Seit­en, Hard­cov­er mit Schutzum­schlag  Piper Ver­lag, München, Okto­ber 2024, EAN 978–3‑492–07410‑0, 26.00  €.

Der neue Gereon-Rath-Roman

Schon sehr viel weiter als die Babylon Berlin Verfilmung: der 9. Gereon Rath Roman

Die erfol­gre­iche, auf zehn Bände angelegte Berlin Krim­i­nal­ro­man-Rei­he ist inzwis­chen schon im Jahr 1937 angekom­men. Ungewöhn­lich an diesem Band ist zum einen, dass gegenüber dem Vor­läufer „Olympia“ ein Zeit­sprung zurück erfol­gt. Gere­on Rath, der ehe­ma­lige Krim­i­nalkom­mis­sar hält sich noch unter falschem Namen in Wies­baden auf bevor er dann mit dem Luftschiff „Hin­den­burg“ nach New York reist, dort den Absturz über­lebt. Der Großteil des Romans spielt aber in Berlin, Char­lotte Rath klärt Morde auf, taucht in das Nachtleben ein, sorgt sich um ihren Pflege­sohn. Wieder gelin­gen dem Autor tre­f­fende Milieuschilderun­gen des von den Nazis beherrscht­en Berlins, ein­drück­liche, par­al­lel ver­laufende Hand­lungsstränge, sog­ar humor­volle Dialoge. Und es bleibt bis zum Schluss span­nend, schon wird die Spur zur Fort­set­zung gelegt. Gere­on Rath kehrt, nach­dem er seinen alten Wider­sach­er Mar­low aus­geschal­tet, hat mit dem Schiff nach Europa zurück.

Volk­er Kutsch­er: Transat­lantik, 488 Seit­en, Hard­cov­er mit Schutzum­schlag, Piper Ver­lag, München 2022, 978–3‑492–07177‑2, 26,00 € (D)

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