Ein englischer Historiker leistet mit diesem Buch etwas was deutsche Autoren bislang nicht gelang: sehr anschaulich mit vielen bisher wenig beachteten Details angereichert ein für Deutschland sehr prägendes Jahr zu dokumentieren und dabei die Lehren aus dieser für die Demokratie so bedrohlichen Zeit zu ziehen.
Jones verbindet die Mikroebene, das Leiden der Menschen, mit der Makroebene, dem Wirken von Regierungen. Er benennt die Ereignisse im Vorjahr 1922 (vor allem den Mord an Außenminister Rathenau durch Rechtsextremisten) und führt uns mitten hinein ins Krisenjahr 1923: in jene Monate, als französische und belgische Truppen das Ruhrgebiet besetzten, dort eine Gewaltherrschaft ausübten und durch die Reaktion der deutschen Regierung darauf eine galoppierende Inflation auslösten. Er leistet eine differenzierte, relativierende Darstellung des Putschversuchs Hitlers in München im November 1923, stellt die Gefährdungen der Demokratie durch Regierungsbeteiligungen der DKP in Sachsen und Thüringen und das Wirken schon rechtsextrem handelnden Regierungen in Bayern dar, berichtet aber auch von den zahlreichen antisemitischen Übergriffen, deren Ausmaß wenig bekannt ist („Zeitgenossen schätzten, dass sich bis zu 10000 Menschen an den Ausschreitungen beteiligt hatten“ S. 300). Am Ende des Jahres überwand das Land die Dauerkrise (Kanzler Stresemann, auch die veränderte Haltung Großbritanniens waren wesentlich) und erreichte stabilere Verhältnisse, die Demokraten standen schließlich als Sieger da.
Jones resümiert mit Ausblick auf 2023: „Während des Jubiläums des Weimarer Krisenjahres und darüber hinaus wäre es ein politischer Fehler, wenn die entscheidende Lehre der Geschichte nicht gehört würde: Hetzpolitik kann nur dann funktionieren, wenn Gewalt und diskriminierende Reden ungestraft bleiben“ (S. 344)
Jones, Mark: 1923 – Ein deutsches Trauma, Hardcover mit Schutzumschlag, 384 Seiten, ISBN: 9783549100301 Propyläen Verlag, Berlin 2022, 26 €
Die Eröffnung des Bauhaus Museum Dessau am 8. September 2019 ist der Höhepunkt des Jubiläumsjahrs 100 Jahre Bauhaus. Erstmals ist die Sammlung der Stiftung Bauhaus Dessau umfassend zu sehen und verbindet das Museum als eigenständiger, zeitgenössischer Ort die Bauhausbauten in Dessau mit dem Stadtzentrum.
Das Bauhaus Museum Dessau
Im Jahr 2015 hat das Architekturkollektiv addenda architects aus Barcelona unter 831 Einreichungen den internationalen, offenen Architekturwettbewerb gewonnen. Nach ihrem Konzept ist ein transparenten Korpus verwirklicht worden, der die schwebende Black Box als Ort für die Sammlung und das Erdgeschoss als Offene Bühne für zeitgenössische Positionen und Wechselausstellungen umfasst.
Anregend und umfassend präsentiert die Ausstellung „Utopie und Alltag — Versuchsstätte Bauhaus. Die Sammlung“ Architekturentwürfe, Gemälde, Fotografien, Möbel, Leuchten, Textilien, Tapeten und Schrifttypen. In thematischen Kapiteln zeigt sie, dass das Lehren, Gestalten und Bauen am Bauhaus der Veränderung, Verbesserung und Gestaltung der Gesellschaft dienen sollte. Anhand von Lehrer-Schüler-Paaren wird beispielhaft gezeigt, wie wer mit wem konkret zusammengearbeitet hat. So haben Moholy-Nagy mit Marianne Brandt und Gunta Stölzl mit Paul Klee sehr eng an gemeinsamen Projekten zusammengearbeitet.
Weniger bekannt und in der Ausstellung im Teil zur Geschichte der Bauhaus-Rezeption interessant präsentiert wird die Wiederentdeckung des Bauhauses in der DDR nach der Verfemung in der NS-Diktatur und der Zeit langer Missachtung unter der SED-Herrschaft. 145000 Mark für 148 Arbeiten von Bauhäuslerinnen stellte die “Galerie am Sachsenplatz” in Leipzig der Stadt Dessau am 1. November 1976 in Rechnung. Von Keramik bis Möbel bis zu Feininger- und Klee-Werken, es war eine bunte Mischung. Ausgestellt wurden diese Objekte erstmals im Bauhausgebäude, das am 4. Dezember 1976 zum 50. Jahrestag des Bauhauses als Wissenschaftlich Kulturelles Zentrum in der DDR wiedereröffnet wurde. Der Ankauf bildete das Fundament der heute über 49.000 Objekte zählenden Sammlung der Stiftung Bauhaus Dessau. Sie ist nach Berlin (wo die überwiegend auf Gropius zurückgehenden Bestände einer Präsentation im erweiterten Bauhaus-Archiv ab 2023 harren!) die weltweit zweitgrößte Sammlung.
Bauhaus-Häuser
Ein Muss beim Besuch Dessaus sind die dort zu sehenden Bauhaus-Häuser. Die knapp sieben Jahre Dessauer Bauhaus (1925–1932) waren die Hochphase der Bauhaus-Architektur. Darum befinden sich die meisten Bauhausbauten in Dessau: das Bauhaus- Schulgebäude, die Meisterhäuser, die Siedlung Dessau-Törten, das Kornhaus, Haus Fieger, das Stahlhaus und das Arbeitsamt.
Schulgebäude
Das Bauhaus-Gebäude der Schule wurde 1926 fertig gestellt. Entworfen wurde das Gebäude vom Bauhausgründer Walter Gropius im Auftrag der Stadt Dessau. Die Pläne entstanden in seinem privaten Büro, über eine Architekturabteilung verfügte das Bauhaus erst ab 1927. Die Innenausstattung des Gebäudes entstand in den Werkstätten der Hochschule. Finanziell unterstützt wurde das Projekt von der Stadt Dessau, die auch das Grundstück zur Verfügung stellte. Heute können hier bei Führungen die restaurierten Werkstatträume, die Mensa, der Festsaal und das Direktorenzimmer besichtigt werden.
Der überwiegend helle Anstrich des Komplexes bildet einen reizvollen Kontrast zu den dunklen Glaseinfassungen. Im Inneren wird mit unterschiedlichen Farben an tragenden und verkleidenden Elementen die Konstruktion des Baus verdeutlicht. Die Hochschule für Gestaltung musste 1932 auf Druck der bei Gemeindewahlen siegreichen Nationalsozialisten geschlossen werden. Im Krieg trafen Bomben den Komplex, die Schäden reparierte man zunächst nur notdürftig. 1972 ist das Gebäude dann unter Denkmalsschutz gestellt und erstmals restauriert worden. Eine umfassende Sanierung erfolgte, nachdem die UNESCO das Bauhausgebäude zum Weltkulturerbe erklärt hatte, sie wurde 2006 abgeschlossen. In reinszenierten Atelierzimmern des Bauhausgebäudes können übrigens auch Besucher übernachten.
Parallel zum Bauhausgebäude wurde Walter Gropius von der Stadt Dessau mit dem Bau von drei baugleichen Doppelhäusern für die Bauhausmeister und einem Einzelhaus für den Direktor beauftragt. Errichtet wurden sie in einem Kiefernwäldchen in Nähe des Schulgebäudes. Ineinander verschachtelte, unterschiedlich hohe kubische Körper geben den Häusern ihre Gestalt. Zur Straße hin werden die Doppelhäuser von großzügig verglasten Ateliers geprägt, an den Seiten lassen Glasbänder Licht in die Treppenaufgänge.
Die Liste der Bewohnerinnen liest sich wie ein „Who is Who“ der Moderne, zu ihnen gehörten neben den drei Direktoren Walter Gropius, Hannes Meyer, Ludwig Mies van der Rohe, László Moholy-Nagy und Lyonel Feininger, Georg Muche, Oskar Schlemmer, Wassily Kandinsky und Paul Klee mit ihren Familien. Das Direktorenhaus wurde im Krieg zerstört, erst vor wenigen Jahren ist es rekonstruiert worden, allerdings so, dass es als Nachbau erkennbar bleibt. Gleichzeitig wurde auch der einzige von Ludwig Mies van der Rohe in Dessau umgesetzte Bau wiederhergestellt. Dabei handelte es sich um eine Trinkhalle an der Ostspitze der Siedlung, die man 1970 abgerissen hatte. Das restliche Ensemble der Meisterhäuser ist bereits 1992 umfassend saniert worden. Durch seine Farbigkeit fasziniert besonders das ursprünglich von Kandinsky und Klee bewohnte und malerisch ausgestaltete Meisterhaus.
Für die weiteren Besuche der herausragenden Bauhaus-Bauten in Dessau empfiehlt sich die Nutzung der Bauhaus-Buslinie 10. Der Bus bringt die Besucher von den Meisterhäusern zum Kornhaus, einer Gaststätte in typischer Bauhaus-Architektur mit schönen Blick über den Elbdeich. Der Name erinnert an einen historischen Getreidespeicher, der hier bis in die 1870er-Jahre gestanden hatte.
Der Bauhaus-Bus führt von dort am Gropius-Bau des Dessauer Arbeitsamts (der mit gelben Ziegeln verkleidete Stahlbau ist ein richtungweisendes Beispiel für die funktionalistische Architektur, kennzeichnend ist ein vorgelagerter einstöckiger Rundbau mit gläsernem Sheddach für den Publikumsverkehr) vorbei in den Süden Dessaus zur Siedlung Törten. Hier entstand 1928 nach Plänen Walter Gropius eine Mustersiedlung mit 314 Häusern, die durch sparsame Bauweise auch Arbeitern ein Eigenheim mit Garten zur Selbstversorgung ermöglichte. Im gleichfalls von Gropius entworfenen Konsumgebäude führt eine Ausstellung in die Entstehungsgeschichte der Siedlung ein. Hier beginnen auch täglich Führungen durch die Siedlung, in der auch die vom Bauhaus-Direktor Hannes Meyer geplanten fünf Laubenganghäuser (90 sogenannte „Volkswohnungen“, hier ist auch eine Musterwohnung zu besichtigen) und das 1927 fertiggestellte Stahlhaus (ein Stahltafelbau von Georg Muche und Richard Paulick von 1927) zu sehen sind. Noch bis 9. November 2019 ist die Freiraum-Ausstellung Unsichtbare Orte in Dessau zu sehen. Sie führt zu Gebäuden und Plätzen in Dessau, wo Bauhäuslerinnen zwischen 1925 und 1932 gelebt, gewirkt und gerne ihre Freizeit verbracht haben.
Der Einfluss der Bauhausschüler auf das Dessauer Stadtbild
Die Bauhausschüler waren in Dessau keine Außenseiter. Sie formten das Stadtbild und prägten das gesellschaftliche Leben (unter anderem auf Bauhausfesten). Sie gestalteten Fassaden und Pavillons für Parks, entwarfen Werbebroschüren und statteten Schaufenster aus. Mit gut 100 Dessauer Firmen arbeitete das Bauhaus eng zusammen. Und mit Möbeln und Textilien hielt das Bauhaus auch in das Privatleben vieler Dessauer Einzug. An dieses nicht mehr Sichtbare erinnert diese Freilichtausstellung an 13 im ganzen Stadtgebiet verteilten Bildbänken, an denen auch über QR-Codes Hörstücke abgerufen werden können.
Ein Höhepunkt: Die Bauhaus-Ausstellung in der Moritzburg in Halle
Der zweite Höhepunkt in Sachsen-Anhalt im Jubiläumsjahr „100 Jahre Bauhaus“ ist die Ausstellung in der Moritzburg Halle: „Bauhaus Meister Moderne — Das Comeback“, die vom 29.09.2019 — 12.01.2020 geöffnet ist. Sie vereint hochkarätige Meisterwerke aus internationalen Sammlungen mit bislang selten bzw. noch gar nicht gezeigten Werken aus den Museumsbeständen. Hauptteil der Ausstellung ist die Rekonstruktion der ersten Sammlung moderner Kunst im Kunstmuseum Moritzburg. Bis zum Jahr 1933 galt diese Sammlung als eine der führenden in Deutschland für die zeitgenössische Kunst – die heutige klassische Moderne. Das hallesche Museum wurde damals gleichberechtigt mit der Moderne-Sammlung der Berliner Nationalgalerie im Kronprinzenpalais Unter den Linden genannt. Auf einer Fläche von rund 1.000 qm im 1. Obergeschoss des zentralen Westflügels der Moritzburg sind ca. 350 Objekte der bildenden und angewandten Kunst zu sehen, die zwischen 1908 und 1938 erworben wurden. In vertiefenden Kabinetten werden Gemälde von Lyonel Feininger, Wassily Kandinsky, Paul Klee, Georg Muche und Oskar Schlemmer, jene Maler, die zwischen 1919 und 1933 als Meister am Bauhaus in Weimar, Dessau und Berlin lehrten. Unter den ausgestellten Werken befinden sich zudem Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen von Ernst Ludwig Kirchner, Emil Nolde, Oskar Kokoschka, Erich Heckel, El Lissitzky, George Grosz. Zum Teil sind die Leihgaben aus den USA, Europa und Japan erstmals überhaupt öffentlich zu sehen, zum Teil kehren sie seit den 1970er/80er Jahren erstmals wieder nach Deutschland zurück. Einer der Höhepunkte der Sammlungsrekonstruktion ist die Wiedervereinigung von 7 der einst 11 Gemälde des Halle-Zyklusses von Lyonel Feininger. Zu den 3 Gemälden aus der Museumssammlung, Roter Turm I, Marienkirche mit dem Pfeil und Der Dom in Halle, kommen hinzu: Am Trödel, Marienkirche I, Roter Turm II und Marktkirche in Halle. In einer attraktiven Altstadtroute lassen sich die historischen Perspektiven der Feininger-Gemälde via Steleninfos und Audiowalk mit der heutigen Sicht verbleichen (feininger-halle.de).
Gropius virtuell erleben
Ein besonderes virtuelles Museumserlebnis bietet die Präsentation von Walter Gropius‘ Entwurfs für ein Kultur- und Sportzentrum für Halle, die „Stadtkrone“. 1927 nahm Walter Gropius am Architekturwettbewerb der Stadt Halle (Saale) für diese moderne „Stadtkrone“ teil. Gropius‘ Entwurf wurde mit keinem Preis bedacht. Er war zu visionär und seiner Zeit voraus. Dieser geplante Baukomplex wurde nie realisiert. Dank einer Kooperation mit dem Studiengang Multimedia|VR-Design der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle mithilfe moderner Virtual-Reality-Technologie ist erstmals das Stadtkronen-Gelände sowie vor allem das von Walter Gropius entworfene Kunstmuseum begehbar. In einer beeindruckenden virtuellen Präsentation kann Gropius‘ visionärer Museumsbau mit einer Ausstellungsfläche von 3.000 qm durchschritten werden. Im Inneren dieses beispielhaften Museumsprojektes des Neuen Bauens entfaltet sich die komplette Sammlung der Moderne des halleschen Museums, wie sie zum einen bis 1937 bestand und zum anderen mittels der originalen Werke heute nicht mehr vollständig rekonstruierbar ist. Dafür wurden nahezu 500 Kunstwerke gescannt, fotografiert und in 3D modelliert sowie in die neuen virtuellen Ausstellungsräume integriert.
Bauhaus auf Burg Giebichenstein in Halle
Bedeutend weit über Halle hinaus ist die renommierte Design- und Kunsthochschule Burg Giebichenstein, eine ehemalige Handwerkerschule, die ab 1915 von Paul Thiersch nach den Grundsätzen des Deutschen Werkbundes reformiert wurde. Der vom Bauhaus kommende Bildhauer Gerhard Marcks wirkte hier und schuf die eindrucksvollen Tierskulpturen an der Giebichensteinbrücke. Für das Neue Bauen sind in Halle wegweisend: die vom Architekten Walter Tutenberg 1928 errichtete Groß-Garage Süd, sie gehört mit ihren 150 Stellplätzen auf fünf Parkdecks und ihrer damals hochmodernen Aufzugsanlage zu den ältesten Parkhäusern Deutschlands; die Franziskanerkirche „Zur Heiligsten Dreieinigkeit“ des Architekten Wilhem Ulrich, eine der ersten Kirchen ohne klassischen Langhaus und Kirchturm, sondern sechseckigem Grundriss und kuppelartigem Mittelaufbau.
Bauhaus in Merseburg
Nicht weit von Halle entfernt bietet die ehemalige Residenzstadt Merseburg neben ihrem eindrucksvollen Schlossareal auch an Neuem Bauen interessierten Besuchern ein reizvolles Ziel. 2019 wird das Friedrich Zollinger Jahr begangen. Von 1918 bis 1930 war der Architekt in Merseburg Stadtbaurat und konzipierte einen Bebauungsplan für die von Krieg und Wohnungsnot gezeichnete Stadt. Ab 1922 entstanden unter seiner Regie zehn neue Stadtviertel, die mit Hilfe seiner eigenentwickelten Bautechnologie (Schüttbetonbauweise und spitz- und rundbogenförmige Dachgewölbe aus maschinell vorproduzierten Holzbrettern) und Beteiligung der künftigen Bewohner Vorbildcharakter haben. Rundgänge zu den zahlreich erhaltenen Zollinger-Siedlungen und öffentliche Bauten wie dem ehemaligen Gesundheitsamt sind über Kulturhistorische Museum Schloss Merseburg buchbar.
Die Niederlande haben so viel mehr bieten als das von Besuchern überfüllte Amsterdam. Reist man auf den Spuren des Hauses Oranien-Nassau durch die Niederlande, lernt man nicht nur den Regierungs- und Parlamentssitz in Den Haag kennen, sondern entdeckt auch die bezaubernden Städte Breda, Delft und Leeuwarden.
Das Adelsgeschlecht Oranien-Nassau hat die Niederlande als Staat begründet und prägt es seit 1815 als Königreich bis heute. Jeder Statthalter, König und jede Königin hat sich auf seine oder ihre Weise für die Niederlande eingesetzt, beispielsweise im Kampf um Freiheit und Unabhängigkeit gegenüber Spanien und Frankreich, auf den Gebieten Kunst und Kultur oder für eine stärkere Verbundenheit der unterschiedlichen Landesteile. An verschiedenen Orten in Holland hat die reiche Geschichte des Hauses Oranien-Nassau ihre Spuren hinterlassen: Paläste, Grabmäler, historische Orte und Denkmäler erzählen die Geschichten des königlichen Holland.
Ursprünge in Breda
Die ersten Spuren des königlichen Hauses Oranien-Nassau sind in der Stadt Breda im Südwesten der Niederlande zu finden. Johanna van Polanen aus Breda heiratet im Jahr 1403 den Deutschen Engelbrecht I. von Nassau-Dillenburg. Durch ihren großen Hofstaat und ihr Interesse für Kultur, Kunst und Handwerk sorgten die Nassaus im 15. und 16. Jahrhundert für eine blühende Wirtschaft. Als der Sohn Heinrichs III. das Fürstentum Oranien in Frankreich erbt, wird dieser der erste Fürst von Oranien-Nassau. Sein Cousin und Erbe wurde der berühmteste Spross der Bredaer Oranien-Nassaus: Wilhelm I. von Oranien. Breda ist die wichtigste Nassau-Stadt Hollands und deshalb auch eine Stadt mit beeindruckenden Baudenkmälern.
Beginenhof in Breda
Die Vorfahren des niederländischen Königshauses haben aus Breda in der Zeit von 1403 bis 1568 eine reiche Stadt mit imposanten Gebäuden gemacht. Auch heutzutage beeindrucken viele Baudenkmäler wie die Grote Kerk, der Dom im Stil der Brabanter Gotik von 1420, das Schloss und der idyllische Beginenhof das Stadtbild. Vom 97 Meter hohen Turm der Grote Kerk kann der Besucher die fantastische Aussicht über diese sehr reizvolle Stadt und Ihr Umland genießen. Im Begijnhof-Museum in Haus Nummer 29 kann der Besucher alles über das Leben der Beginen Bredas erfahren. Im Stadtschloss, dem Kasteel von Breda lebten mehrere Jahrhunderte lang die Herren von Breda. Am Spanjaardsgat, dem „Spanierloch“ am Schloss soll 1590 die List mit einem Torfschiff stattgefunden haben, mittels derer die Spanischen Besatzer aus Breda vertrieben wurden. Im Laufe der Jahrhunderte wurde das Gebäude umgebaut und erweitert und seit 1826 ist hier die Königliche Militärakademie untergebracht. Das Schloss ist deshalb nur im Rahmen einer Führung zu besichtigen, organisiert vom Fremdenverkehrsamt (VVV) Breda. Die Fürsten von Nassau zogen natürlich auch andere Adelige an, die sich in Breda niederließen, wodurch die zahlreichen schönen Hofhuizen in der Stadt entstanden. Diese imposanten Gebäude hatten als besondere Merkmale einen L- oder U‑förmigen Grundriss mit Innenhof, Backsteinfassaden, spätgotische Treppengiebel. Acht dieser Hofhäuser sind in Breda noch erhalten.
Städtische Museum Breda
Das Städtische Museum befindet sich im ehemaligen Oudemannenhuis (Altmännerhaus), einem der ältesten Gebäude Bredas. Bis 1954 lebten hier ältere Männer. Die denkmalgeschützte Fassade zeigt Abbildungen von Thijs und Geert, zwei der bekanntesten Bewohner des Oudemannenhuis. Die ständige Sammlung des Stedelijk Museum Breda erzählt die Geschichte der Stadt. Die Gemälde mit Stadtansichten zeigen die Entwicklung Bredas von einer Festungsstadt zur heutigen sehr lebendigen, attraktiven Stadt, die neben der Altstadt auch stadtnahe Quartiere bietet, die von namhaften Architekten wie Rem Koolhaas gestaltet wurden.
Ganz besonders reizvoll sind Bootsfahrten rund um die Stadt bis zum 2007 wieder angelegten Stadthafen.
Hafen von Breda
Glanzzeiten in Delft
Mit seinen 15 Kilometer langen Grachten ist die besonders charmante Stadt Delft durchaus mit Amsterdam vergleichbar, allerdings ist das Stadtbild hier weniger pompös, zugänglicher. Die Geschichte der Stadt reicht bis in das Jahr 1075 zurück. 1654 wurde jedoch ein Großteil der mittelalterlichen Stadt durch die Explosion des Arsenals zerstört. Am Ende des 17. Jahrhunderts wurde das Zentrum wieder aufgebaut und seither hat sich in der historischen Altstadt wenig verändert. An den von Bäumen gesäumten Grachten stehen noch die kleinen Häuser mit ihren so unterschiedlichen Fassaden, der Markt mit dem Renaissance-Rathaus und der Nieuwe Kerk ist der Mittelpunkt der Stadt.
Rathaus von Delft
Delft war Geburts- und Wohnort des herausragenden niederländischen Malers Jan Vermeer (1632 – 1675). An ihn erinnert mit Hilfe moderner Medien das Vermeer Centre Delft, das nach dem historischen Vorbild des früheren St. Lucas Gildehauses der Maler und Künstler 2007 erbaut wurde. Besucher können die Gemälde in lebensgroßer Vergrößerung sehen, die Arbeitsweise im Atelier ergründen und die Geschichten hinter den Gemälden erfahren. Weltbekannt ist Delft auch für sein Steingut, das sich aus der Majolica entwickelte, die im 16. Jahrhundert mit italienischen Einwanderern in die Niederlande kam, vor allem Wandfliesen entstanden. Seit dem 17. Jahrhundert wird zudem Porzellan nach chinesischen Vorbild hergestellt. In der 1653 gegründeten Firma Royal Delft wird in der originalen Fabrik nach alter Tradition Keramik im Delfter Blau von Hand produziert, Besucher sind willkommen. — Ab 1572 residierte Wilhelm I. im heutigen Prinsenhof in Delft, jetzt Museum. Von Delft aus leitet er erfolgreich den Aufstand gegen die Spanier. 1579 wird die ‚Utrechter Union‘ vereinbart und von Wilhelm I. unterzeichnet, damit ist der Grundstein für die Niederlande gelegt. 1584 wird Wilhelm von Oranien — wegen seinem großen Einfluss auf die Gestaltung eines Landes mit dem Titel ‚Vater des Vaterlandes‘ geehrt — in Delft im Alter von 51 ermordet und in der Neuen Kirche (Nieuwe Kerk) in Delft beigesetzt. Seither finden viele Familienmitglieder des königlichen Hauses hier ihre letzte Ruhestätte. In der Nieuwe Kerk aus dem Jahre 1496 befindet sich neben der königlichen Gruft der Oranier auch das imposante Mausoleum Wilhelms von Oranien. Die Alte Kirche (Oude Kerk) mit ihrem charakteristischen schiefen Turm wurde 1240 erbaut. Besonders sehenswert sind die reich verzierte Kanzel aus dem Jahr 1548 und die 27 Glasmalfenster.
Residenzstadt Den Haag
Seit dem 16. Jahrhundert ist Den Haag die Hofstadt der Niederlande. Prinz Moritz, einer der Söhne von Wilhelm von Oranien, ließ sich am Binnenhof nieder, entstanden aus einem Jagdschluss der Grafen von Holland aus dem 13. Jahrhundert und heutiges Parlaments- und Regierungsgebäude. Der Hofvijver (Schlossweiher) liegt unmittelbar neben dem Binnehof und dem Torentje (Türmchen) mit dem Arbeitszimmer des Ministerpräsidenten. Das Besucherzentrum von ProDemos organisiert Führungen durch den Rittersaal und die Erste und Zweite Kammer des Parlaments. Das Mauritshuis in unmittelbarer Nachbarschaft ist seit 1822 die Königliche Gemäldegalerie und umfasst fast ausschließlich Meisterwerke großer Künstler wie “Das Mädchen mit dem Perlenohrring“ von Vermeer oder die „Anatomiestunde“ von Rembrandt. Die Präsentation in den eleganten Räumen macht es zu einem der schönsten Museen der Niederlande. Gleichfalls sehr beeindruckend ist M. C. Escher Museum im Winterpalast der früheren Königin Emma an der Lange Voorhout, der mit zahlreichen prächtigen Gebäuden gesäumten Lindenallee in Herzen der Stadt. Zahlreiche Werke M. C. Eschers, der niederländische Künstler aus dem 20. Jahrhundert, der mit seinem Spiel mit der Perspektive weltbekannt wurde, werden in diesem Adelspalais vergrößert multimedial präsentiert – sehr eindrucksvoll.
Binnenhof in Den Haag
Seit mehr als vier Jahrhunderten leben Statthalter und später Könige und Königinnen nahezu ohne Unterbrechung in Den Haag. Sie haben der Stadt und ihrer Umgebung ihren Stempel aufgedrückt. Das Paleis Noordeinde, ein klassizistisches Palais aus dem Jahr 1640, ist seit Willem V. (1748 ‑1806) im Besitz der Fürsten von Oranje, es dient heute dem König als Arbeitspalais, der umgebende Park ist der Öffentlichkeit zugänglich. Ein besonderes Erlebnis ist die Besichtigung des Königlichen Wartesaals im Bahnhofsgebäude Den Haag Hollands Spoor aus dem 19. Jahrhundert. Bedeutende königliche Traditionen werden nach wie vor in Ehren gehalten, wie der Prinsjesdag im September, an dem König Willem-Alexander mit der goldenen Kutsche vom Palast Noordeinde zur Thronrede im Rittersaal des Parlaments fährt. Das imposante Gebäude des Friedenspalasts aus dem Jahr 1913 ist heute Sitz des Internationalen Gerichtshof und des Ständigen Schiedsgerichts. Neben Führungen informieren eine interaktive Ausstellung im Besucherzentrum über die Geschichte des Friedenspalastes. Der Vorstellung, dass es sich um Den Haag um einen ruhigen Regierungssitz handelt, steht die Realität gegenüber, dass Den Haag nach Amsterdam und Rotterdam die drittgrößte Stadt der Niederlande ist, die von einer Skyline von Ministeriums-Hochhäusern geprägt wird. Zudem ist Den Haag mit seinem Stadtteil Scheveningen eine Stadt am Meer mit einladenden Sandstränden, einer Dünenlandschaft, Wäldern und Parks. Scheveningen erreicht man in 15 Minuten mit der Straßenbahn vom Zentrum Den Haags aus, neben der Naturlandschaft bietet es mit einer Pieranlage und dem imposanten Kurhaus im Empirestil, jetzt ein Luxushotel, Seebad-Atmosphäre.
Leeuwarden — Kulturhauptstadt mit Geschichte
Auch in Leeuwarden, die Hauptstadt Frieslands und Kulturhauptstadt Europas 2018, sind zahlreiche Bezüge zum Haus Oranien-Nassau nachweisbar. Hier befand sich die Residenz des friesischen Zweiges der Nassauer (1584 – 1747). Leeuwarden hat eine schöne von einem Grachtengürtel umgebene Altstadt mit historischen Rathaus. Im Rathaus beeindruckt der majestätische Oranjezaal. Wahrzeichen ist der schiefe Turm Oldehove, ein 120 Meter hoher Kirchturm, der sich schon währendes Baus ab 1529 wegen des sandigen Baugrunds zur Seite neigte. Er ist allerdings standfest und kann über 183 Stufen bestiegen werden. Leeuwarden lohnt den Besuch aber vor allem auch wegen seiner beiden bedeutenden Museen, dem Porzellanmuseum im Prinsenhof und dem Friesischen Museum.
Fries Museum in Leeuwarden
Die Sammlung des Friesischen Museums erzählt die Geschichte Frieslands und seiner Menschen anhand von Objekten, seltenen archäologischen Funden bis hin zur modernen Kunst, von den Tagebüchern der Tänzerin Mata Hari, die in Leeuwarden aufwuchs, bis hin zu eindrucksvollen Gemälden von Sir Lawrence Alma-Tadema und Gerrit Benner. Benners Landschaften bringen das Herz und die Seele Frieslands besonders gut zum Ausdruck. Mit ihren charakteristischen niedrigen Horizonten, die sich ins Unendliche zu erstrecken scheinen, wecken seine Gemälde eine melancholische Sicht auf die Region und ihre Menschen. Auch das moderne Gebäude des Museums bleibt seinen Wurzeln treu. Der prägnante, offen gestaltete Bau wurde von Hubert-Jan Henket entworfen, Das Gebäude hat ein riesiges, 25 Meter hohes Vordach, das von Stahl- und Holzsäulen getragen wird, und eine beeindruckende Glasfassade. Das Keramikmuseum Princessehof, ein Palais aus dem 18. Jahrhundert, Wohnsitz der Regentin Maria Louise und 1898 auch Geburtsort des weltbekannten Künstlers M. C. Escher, lässt den Besucher in die Welt der Keramik eintauchen. Die dortigen Ausstellungen gehen auf eine Schenkung des Sammlers Nanne Ottema zurück und repräsentieren Keramik in allen Formen und Größen von 2800 v. Chr. bis ins 20. Jahrhundert. Auch zwei Hotels in besonderen Gebäuden machen Leeuwarden zusätzlich attraktiv: Das Post-Plaza Hotel & Grand Café liegt im Stadtzentrum von Leeuwarden.
Post-Plaza Hotel & Grand Café
Nach der Renovierung und Restaurierung des Postgebäudes von 1904 hat sich das Post-Plaza Hotel & Grand Café in einen Ort mit einem historischen Ambiente verwandelt. Die Hotelzimmer befinden sich im alten Postamt und in der angrenzenden alten Gratama Bank. Beide Standorte sind über eine Glasbrücke verbunden. Eindrucksvoll ist das Café und Restaurant in der hohen ehemaligen Schalterhalle, das die volle Höhe des Gebäudes füllt und von einer zierlichen, von der englischen Spätgotik inspirierten Dachkonstruktion überspannt wird. Hier wird nicht nur für die Hotelgäste selbst gerösteter Kaffee und Craft-Bier einer Hausmarke geboten. Im gleichfalls auch City-nah gelegenen ehemaligen Gefängnisgebäude aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind das Alibi Hostel Leeuwarden (unterschiedlich große Zimmer mit modernem Komfort und ursprünglicher Atmosphäre), ein Restaurant, die Stadtbibliothek und zahlreiche Künstlerateliers untergebracht.
Quelle/Fotonachweis: Niederländisches Büro für Tourismus & Convention, www.holland.com /Jörg Raach
Eine Reise nach Sachsen-Anhalt lohnt sich in diesem Jahr besonders. Das 100-jährige Jubiläum der Bauhaus-Gründung ist Anlass zur Präsentation einer Vielfalt von Bauten der Moderne. Von den ca. 100 Zielen der „Grand Tour der Moderne“, einem bundesweiten Netzwerk herausragender Bauwerke der Moderne, liegen 39 in Sachsen-Anhalt.
Magdeburg — Bauhaus inmitten historischer Mauern
Richtungsweisende Architektur der Bauhaus-Ära inmitten historischer Mauern in einer der ältesten Städte Deutschlands – das gibt es vor allem in Magdeburg. Seit dem Mittelalter zählt die Stadt zu den Vorreitern. Hier hat schon 968 der erste deutsche Kaiser, Otto der Große, seine prächtige Lieblingspfalz errichtet. Er machte die Stadt zum Mittelpunkt der politischen Herrschaft und ließ den kolossalen Magdeburger Dom erbauen. Im 12. Jahrhundert wurde hier eines der ersten Stadtrechte Europas geschrieben.
Rund 700 Jahre später waren die Magdeburger wieder die Ersten. Mit der Hermann-Beims-Siedlung ist in den 1920er Jahren die erste deutsche Großsiedlung der Moderne entstanden. Vielfältige Fassadenfarben, lichtdurchflutete Räume und Frischluftschneisen waren die Maxime der damaligen Architekten. In einer historisch möblierten Gästewohnung in der Beimsstraße können sich Gäste übrigens einmieten (Buchung unter gs-sued@wobau-magdeburg.de).
Magdeburg wurde zum Zentrum innovativer Städtebauer und Künstler. In rekordverdächtigen viereinhalb Monaten wuchs hier für die Deutsche Theaterausstellung 1927 die Stadthalle in Stahlskelettbauweise in die Höhe. Unmittelbar daneben ragt der Albinmüller-Turm als eines der Wahrzeichen Magdeburgs in die Höhe. Die Gestaltung des Turms des Architekten Albin Müller nimmt die Ideen einer Glas- und Lichtarchitektur des in Magdeburg als Stadtplaner tätigen Bruno Tauts auf. Vom Turm hat der Besucher einen eindrucksvollen Blick auf Magdeburg mit seinem herrausragenden Ensemble im Stil des Neuen Bauens und seiner grünen Umgebung. Abends ist die gläserne Turmspitze farbig beleuchtet.
Der ganz besondere architektonische Höhepunkt aus der Gegenwart ist die von Friedensreich Hundertwasser entworfene Grüne Zitadelle. Fertiggestellt wurde sie im Jahr 2005. Es handelt sich dabei um das letzte Projekt, an dem Hundertwasser vor seinem Tod gearbeitet hat. Die Grüne Zitadelle umschließt zwei Innenhöfe, im größeren gibt es einen Springbrunnen. Der Name des Baukomplex geht auf das grasbewachsene Dach und die Bäume im und am Gebäude. Im Erdgeschoss befinden sich mehrere Läden, ein Café und ein Restaurant. Unter anderem steht hier in der „Information in der Grünen Zitadelle“ auch das originale Baumodell. Im Gebäude befindet sich neben 55 Wohnungen auch ein Theater und ein ART-Hotel.
Aschersleben — die älteste Stadt Sachsen-Anhalts
Die Internationale Bauausstellung, die Landesgartenschau 2010 und nicht zuletzt über 20 Jahre Stadtsanierung haben dem historischen Aschersleben neues Leben eingehaucht. Verwoben mit Architektur des 21. Jahrhunderts macht diese besondere Mischung Aschersleben heute so sehens- und liebenswert.
Folgen Sie den ausgeschilderten Routen rund um die Stadtbefestigung, durch die Gärten und Parks oder quer durch die Altstadt mit ihren wertvollen Architekturdenkmalen. Rund um die Altstadt an einem grünen Promenadenring erheben sich die Türme der früheren Stadtbefestigung und wenige Meter weiter am Eine-Flüsschen locken die ehemaligen Parks der Landesgartenschau 2010, die seitdem zu den „Gartenträumen“, den historischen Parks in Sachsen-Anhalt, gehören. Die architektonische Vielfalt von der Gotik über Fachwerkbauten, Barock, Renaissance, Jugend- und Heimatstil von Hans Heckner bis hin zu moderner Architektur des 21. Jahrhunderts verleihen der Altstadt ihr besonderes Erscheinungsbild und machen Lust zum Flanieren. Das Wahrzeichen der Stadt, die 500 Jahre alte St. Stephanikirche, hat ihre Türen für Besucher geöffnet und am Markt beeindruckt das Rathaus mit seinen Giebeln und Türmen aus drei Jahrhunderten. Ein Juwel mitten in der Altstadt ist der Graue Hof – ältester Profanbau der Stadt und jetzt Kulturzentrum mit gastronomischen Angebot.
Ein besonderer Tipp für Kunstinteressierte: Im Riegelbau des Bestehornparks ist das grafische Werk des in Leipzig geborenen und in Aschersleben aufgewachsenen Malers Neo Rauch zu sehen. Mit der Initiierung der Grafikstiftung hat er seine Heimatstadt zu einer Attraktion in der Kunstwelt gemacht. Mit der 2012 gegründeten Stiftung ist die Möglichkeit gegeben, das grafische Werk des Künstlers, das seit 1993 entstanden ist, ausführlich und schwerpunktmäßig zu präsentieren. Es wird außerdem je ein Exemplare aller zukünftig entstehenden grafischen Werke in den Bestand der Stiftung eingehen. Schon im Juni 2012 konnte die Stiftung ihre Räume im Bildungscampus, ein architektonisch herrausragender Baukomplex auf dem Gelände von einst Europas größter Papier- und Druckfabrik beziehen.
Weltkulturerbe-Stadt Quedlinburg
Auch Quedlinburg, eine der touristischen Hauptattraktionen in Sachsen-Anhalt, bietet Kunstgenuss aus der Bauhaus-Zeit. Die Lyonel-Feininger-Galerie ist ein Museum und Ausstellungshaus für die Kunst des 20. Jahrhunderts und der Gegenwart. Sie ist dem Werk Lyonel Feiningers, der mit seinem „Prismaismus“ einen eigenen Stil schuf und als 40-Jähriger erster Meister am Bauhaus wurde, gewidmet und verfügt mit der Sammlung des Bauhäuslers und Quedlinburgers Hermann Klumpp, die sich als Dauerleihgabe in der Lyonel-Feininger-Galerie befindet, über einen der weltweit bedeutendsten Bestände an Druckgrafiken Feiningers. Zahlreiche Aquarelle und Zeichnungen sowie einige Fotografien und Objekte von Feiningers Hand bereichern den Bestand. Vom 25. Mai bis 2. September werden hier neben der Dauerausstellung zwei attraktive Sonderausstellungen geboten: „Die Feiningers. Ein Familienbild am Bauhaus“ unternimmt erstmals den Versuch, den künstlerischen Aufbruch der Moderne am Beispiel einer Künstlerfamilie sichtbar zu machen. „rot, gelb, blau. Das Bauhaus für Kinder“ — hier können nicht nur Kinder an einzelnen Stationen experimentieren und sich ausprobieren.
Die größte Sehenswürdigkeit in Quedlinburg ist die Stadt selbst. Auf einer Fläche von gut 80 ha drängen sich über 2000 malerische Fachwerkhäuser. Wie in einem bunten Bilderbuch lässt sich an den oft reich geschmückten Fassaden die Entwicklung dieser Bauweise über acht Jahrhunderte ablesen. Mit diesem einmalig geschlossenen historischen Stadtbild steht Quedlinburg in der ersten Reihe deutscher Fachwerkstädte und wurde 1994 in die UNESCO — Welterbeliste der schützenswerten Kulturgüter aufgenommen.
Bernburg — ein weiteres Juwel in Sachsen-Anhalt
Schloss Bernburg mit dem Eulenspiegelturm, die liebevoll sanierte Altstadt mit vielen Sehenswürdigkeiten – dem Carl-Maria-von-Weber-Theater, dem Rathaus mit der bekannten Blumenuhr und der geografisch — astronomischen Kunstuhr, der Fürstengruft mit prachtvollen Särgen derer zu Anhalt — Bernburg begegnen den Gästen bei ihrem Bummel durch die Stadt.
Mit der MS „Saalefee“, dem vollklimatisierten Fahrgastschiff geht es durch den Naturpark „Unteres Saaletal“. Landschaftlich ist die Umgebung von Bernburg durch das Harzvorland und die Saaleauen geprägt. Bernburg (Saale) liegt an der „Straße der Romanik“, am „Blauen Band“ und am Lutherweg sowie an der „Grand Tour der Moderne“ Sachsen-Anhalt. Hier ist als herrausragendes Bauwerk der Moderne die in der Tradition der Gartenstädte 1928/1929 gebaute Siedlung „Zickzackhausen“ sehenswert. Von den Architekten und Stadtplanern Leopold Fischer und Leberecht Migge, einem Schüler des Wieners Adolph Loos, konzipiert, ist diese Siedlung am nördlichen Stadtrand von Bernburg am Rande eines großen Kalkabbau-Tagebaugebiets zu finden. Den Namen verdankt sie den um 90 Grad gedrehten und versetzt angeordneten Baukörpern. Visionäre Ideen der Selbstversorgung in den großen zu den Eigenheimen gehörenden Gartenanlagen und zur Müllvermeidung versuchte man hier bereits innovativ umzusetzen.
Die überregionalen Radwanderwege Europaradweg R1, der Saale – Radwanderweg und der Lutherweg sowie zahlreiche regionale Rundwege queren die Stadt und machen den Besuch Bernburg lohnend.