Ausgewählte Werke und eine sehr gute Möglichkeit zur Wiederentdeckung von Vicki Baum
Die jetzt vom Göttinger Wallstein Verlag vorgelegte Werkausgabe Vicki Baum ist Ergebnis literaturhistorischer Forschung. Erstaunlicherweise wird hiermit die erste kommentierte Edition wesentlicher Werke Vicki Baums vorgelegt. Sie bieten aufgrund der umfassenden Erläuterungen zu den Inhalten, zur Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte der ausgewählten Romane einen optimalen Zugang zur Wiederentdeckung einer der bedeutendsten Autoren des 20. Jahrhunderts. Der Erfolgsroman „Menschen im Hotel« gilt neben Alfred Döblins Berlin Alexanderplatz als prägender Großstadtroman der deutsch-sprachigen Literatur (S. 423). Er ermöglichte Vicki Baum zwar die frühzeitige Emigration und literarische Karriere in den USA, doch neben ihrem Erfolgsroman verfasste sie noch 27 weitere Romane, aber auch Novellen, Theaterstücke und zahlreiche Zeitschriftenbeiträge.
Die sechs Bände der Werkausgabe präsentieren die thematische, erzählerische und mehrsprachige Bandbreite Baums zwischen Wien, Berlin und Hollywood: von der frühen Novellensammlung »Die andern Tage« (1922/31), den neusachlichen Ullstein-Romanen »stud. chem. Helene Willfüer« (1928/29) und »Menschen im Hotel« (1929, ergänzt um den Erstdruck der Theaterfassung von 1930), über den (selbst-)kritischen Filmroman »Leben ohne Geheimnis« (1932) bis zu dem zwischen Autobiografie und Zeitgeschichte angesiedelten Roman »Marion lebt« (»Marion Alive«, 1942) und dem 1945 erstmals auf Deutsch erschienenen, kolonialismuskritischen Roman »Kautschuk« (»The Weeping Wood«, 1943, von Vicki Baum als ihr wichtigster Roman bezeichnet) in neuer Übersetzung.
Die Leser haben durch diese mit Forschungsmitteln geförderte publizistische Pioniertat nicht nur die Möglichkeit, Vicki Baum neu zu entdecken, sondern auch, sollten schon einzelne Romane vorhanden sein, die Kommentare zu den ausgewählten Romanen im Open-access-Verfahren zu lesen.
Zur Einordnung der Werke Baums sei zudem die sehr gründlich recherchierte Biographie von Nicole Nottelmann („Die Karrieren der Vicki Baum – Eine Biographie“, Köln 2007) empfohlen. Vicki Baum hat in ihrem letzten Lebensjahr eine Autobiographie verfasst: „Es war alles ganz anders“(1962), die Fragment blieb und viel verschweigt.
Vicki Baum: Ausgewählte Werke, Herausgegeben von Julia Bertschik und Veronika Hofeneder, 3244 S., 2 Abb., 6 Bände, Leinen, Schmuckhülse, Wallstein Verlag, Göttingen, ISBN 978–3‑8353–5861‑4, 128 €
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