Ein Baudenkmal in Berlin-Mitte
Dieses Buch dokumentiert eindrucksvoll die Orts‑, Bau- und Nutzungsgeschichte eines prägenden Baukomplex in Berlin-Mitte. In den jetzt von den beiden Bundesministerien für Gesundheit bzw. Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend genutzten Bauten war die Zentrale der Deutschen Bank angesiedelt. Peter Lemberg gelingt mit dieser Monografie eine gründliche historische Recherche, Berliner Geschichte wird lebendig. Die Kaiser- und Reichshauptstadt Berlin stieg nach 1871 zu einer europäischen Finanz- und Wirtschaftsmetropole auf. In der Friedrichstadt rund um die Behrenstraße südlich Unter den Linden formierte sich im Schatten des politischen Machtzentrums in der Wilhelmstraße das Berliner Bankenviertel. Schon 1872 waren hier sieben private Bankhäuser angesiedelt. Hier nicht weit entfernt vom repräsentativen Bau der Börse am östlichen Spreeufer errichtete Wilhelm Martens ab 1883 für die Deutsche Bank als Geldinstitut von Weltrang eine palastartige Zentrale, die bis in die 1930er Jahre ständig erweitert wurde. Die Folgen des Weltkriegs, nahezu vollständige Zerstörung Berlins und die russische Besetzung, besiegelte das Ende der Großbank an diesem Standort. Als weitgehend unbekannter Berliner Erstling wurden die stark kriegszerstörten Baublöcke ab 1949 vom „Bauhäusler“ Franz Ehrlich für das Innenministerium der DDR mit geringem Bezug zur vorausgegangenen Nutzung wieder aufgebaut. Im Äußeren von allem kaiserzeitlichen Prunk befreit („Weit über eintausend Quadratmeter Natursteinbossen wurden händisch abgeschlagen…“ S. 114), zeugen nur noch der ikonische „Schwibbogen“ (die stützenlose Korbbogenbrücke zur Verbindung der beiden Gebäudeteile, siehe Titelabbildung), Tresore und Treppenhäuser von der ursprünglichen Bestimmung. Die Zeitenwende 1989/90 mit der wiedervereinigten Hauptstadt Berlin ermöglichten KSP Engel Architekten unter Denkmalschutzauflagen eine sehr aufwändige, abermalige Umgestaltung der verwahrlosten Gebäude für die beiden Bundesministerien. „‘Unvorhersehbares’ tritt bei den meisten von Kriegszerstörung betroffenen Wiederherstellungsbauten auf, doch der Umfang ging hier über das Befürchtete hinaus. Fehlende Standsicherheiten von über Schuttresten aufgeführten Hofwänden… erzwangen Eingriffe auch in denkmalpflegerisch sensiblen Bereichen.“ (S. 143). Eindrucksvolle Fotos machen die notwendige Rückführung auf den Rohbau im Innern anschaulich. Raumdimensionen vor der DDR-Nutzung werden wieder sichtbar, moderne Büroräume und ein Presse- und Kongresszentrum entstand. Wenig überzeugende „Kunst am Bau“ Objekte wurden zur „Auflockerung“ realisiert. Nach fünfjähriger Bauzeit konnten die beiden Ministerien bis 2023 bezogen werden.
Peter Lemberg: Vom Bankpalast zum Bundesbau – Ein Baudenkmal in Berlin-Mitte, Festeinband, 208 Seiten, 217 Farb- und 9 s/w‑Abbildungen , ISBN 978–3‑7319–1521‑8, Imhof Verlag, Petersberg 2025, 39,95 €
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