Magazin für Kultur

Monat: November 2025

Vom Bankpalast zum Bundesbau

Ein Bau­denkmal in Berlin-Mitte

Dieses Buch doku­men­tiert ein­drucksvoll die Orts‑, Bau- und Nutzungs­geschichte eines prä­gen­den Baukom­plex in Berlin-Mitte. In den jet­zt von den bei­den Bun­desmin­is­te­rien für Gesund­heit bzw. Bil­dung, Fam­i­lie, Senioren, Frauen und Jugend genutzten Baut­en war die Zen­trale der Deutschen Bank ange­siedelt. Peter Lem­berg gelingt mit dieser Mono­grafie eine gründliche his­torische Recherche, Berlin­er Geschichte wird lebendig. Die Kaiser- und Reichshaupt­stadt Berlin stieg nach 1871 zu ein­er europäis­chen Finanz- und Wirtschaftsmetro­pole auf. In der Friedrich­stadt rund um die Behren­straße südlich Unter den Lin­den formierte sich im Schat­ten des poli­tis­chen Machtzen­trums in der Wil­helm­straße das Berlin­er Banken­vier­tel. Schon 1872 waren hier sieben pri­vate Bankhäuser ange­siedelt. Hier nicht weit ent­fer­nt vom repräsen­ta­tiv­en Bau der Börse am östlichen Spreeufer errichtete Wil­helm Martens ab 1883 für die Deutsche Bank als Geldin­sti­tut von Wel­trang eine palas­tar­tige Zen­trale, die bis in die 1930er Jahre ständig erweit­ert wurde. Die Fol­gen des Weltkriegs, nahezu voll­ständi­ge Zer­störung Berlins und die rus­sis­che Beset­zung, besiegelte das Ende der Großbank an ­diesem Stan­dort. Als weit­ge­hend unbekan­nter Berlin­er Erstling wur­den die stark kriegsz­er­störten Baublöcke ab 1949 vom „Bauhäusler“ Franz Ehrlich für das Innen­min­is­teri­um der DDR mit geringem Bezug zur voraus­ge­gan­genen Nutzung wieder aufge­baut. Im Äußeren von allem kaiserzeitlichen Prunk befre­it („Weit über ein­tausend Quadrat­meter Naturstein­bossen wur­den händisch abgeschla­gen…“ S. 114), zeu­gen nur noch der ikonis­che „Schwib­bo­gen“ (die stützen­lose Korb­bo­gen­brücke zur Verbindung der bei­den Gebäude­teile, siehe Tite­lab­bil­dung), Tre­sore und Trep­pen­häuser von der ursprünglichen Bes­tim­mung. Die Zeit­en­wende 1989/90 mit der wiedervere­inigten Haupt­stadt Berlin ermöglicht­en KSP Engel Architek­ten unter Denkmalschutza­u­fla­gen eine sehr aufwändi­ge, aber­ma­lige Umgestal­tung der ver­wahrlosten Gebäude für die bei­den Bun­desmin­is­te­rien. „‘Unvorherse­hbares’ tritt bei den meis­ten von Kriegsz­er­störung betrof­fe­nen Wieder­her­stel­lungs­baut­en auf, doch der Umfang ging hier über das Befürchtete hin­aus. Fehlende Stand­sicher­heit­en von über Schut­tresten aufge­führten Hofwän­den… erzwan­gen Ein­griffe auch in denkmalpflegerisch sen­si­blen Bere­ichen.“ (S. 143). Ein­drucksvolle Fotos machen die notwendi­ge Rück­führung auf den Rohbau im Innern anschaulich. Raumdi­men­sio­nen vor der DDR-Nutzung wer­den wieder sicht­bar, mod­erne Büroräume und ein Presse- und Kon­gresszen­trum ent­stand. Wenig überzeu­gende „Kun­st am Bau“ Objek­te wur­den zur „Auflockerung“ real­isiert. Nach fün­fjähriger Bauzeit kon­nten die bei­den Min­is­te­rien bis 2023 bezo­gen wer­den.

Peter Lem­berg: Vom Bankpalast zum Bun­des­bau – Ein Bau­denkmal in Berlin-Mitte, Fes­tein­band, 208 Seit­en, 217 Farb- und 9 s/w‑Abbildungen , ISBN 978–3‑7319–1521‑8, Imhof Ver­lag, Peters­berg 2025, 39,95 €

Avantgarde

Max Lieber­mann und der Impres­sion­is­mus in Deutsch­land

Dieses opu­lente Kat­a­log­buch macht Vor­freude auf einen Berlin/Potsdamer Ausstel­lung­shöhep­unkt im Jahr 2026 (vom 28.2. bis 7.6.2026 im Muse­um Bar­beri­ni Pots­dam). Wer die Fahrt nach Süd­deutsch­land nicht scheut, kann diese Ausstel­lung mit anderem Titel und attrak­tiver­er Kat­a­loggestal­tung schon seit Anfang Okto­ber sehen: “Impres­sion­is­mus in Deutsch­land. Max Lieber­mann und seine Zeit” im Muse­um Frieder Bur­da, Baden-Baden. Endlich wird auch der deutsche Impres­sion­is­mus umfassend gewürdigt. Die bei­den Ausstel­lun­gen geben einen Überblick über die Entwick­lung des deutschen Impres­sion­is­mus und stellen neben den im Kanon ver­ankerten Malern wie Lovis Corinth, Max Lieber­mann und Max Slevogt auch weniger bekan­nte Kün­st­lerin­nen und Kün­stler wie Maria Slavona, Dora Hitz, Philipp Franck, Chris­t­ian Rohlfs und Less­er Ury vor. Obwohl Max Lieber­mann einen her­aus­ra­gen­den Ein­fluss auf deutsche Kün­stler hat­te, als Samm­ler, Ausstel­lungs­mach­er und Men­tor, ist der deutsche Impres­sion­s­mus ger­ade durch seine vor und nach der Jahrhun­der­twende in ver­schiede­nen regionalen Schw­er­punk­ten ent­standene Vielfalt (außer Berlin u.a. in München, Stuttgart, Mannheim) beson­ders vielfältig. „Mit über 130 Werken aus mehr als 60 inter­na­tionalen Samm­lun­gen han­delt es sich bei der Schau um eine der größten Ausstel­lun­gen, die der Entwick­lung des deutschen Impres­sion­is­mus bis­lang gewid­met wur­den.“ (Ortrud Wes­t­hei­der, Direk­torin Muse­um Bar­beri­ni, S. 16) Das Kat­a­log­buch zeich­net sich durch pro­funde kun­sthis­torische Ein­führung­s­texte und Erläuterun­gen zu den Ausstel­lungss­chw­er­punk­ten aus (Draußen im Freien, Stadt­bilder, Haus und Garten, Kinder­bilder, Stil­lleben Große Gefüh­le auf Bühne und Lein­wand und schließlich Paradies am Wannsee. Lieber­manns Maler­garten). Große Bil­dauss­chnitte machen die freie Mal­weise, die ungezügelte Pin­selführung der Impres­sion­is­ten anschaulich.

Avant­garde – Max Lieber­mann und der Impres­sion­is­mus in Deutsch­land Fes­tein­band, 288 Seit­en, zahlre­iche Farb-Abbil­dun­gen, ISBN 978–3‑7913–7624‑0, Pres­tel Ver­lag, München 2025, 45 €

Art

365 Geburt­stage großer Kün­st­lerin­nen und Kün­stler

Kun­st­geschichte im Rhyth­mus des Kalen­ders

Dieses bib­lio­phile Neuer­schei­n­ung mit Lese­bänd­chen, Schmuck­ban­de­role und 365 far­bigen Abbil­dun­gen – ist ein immer­währen­den Kalen­der: mit „ART – 365 Geburt­stage großer Kün­st­lerin­nen und Kün­stler“ legt der Kun­sthis­torik­er Michael Semff ein Werk vor, das Kun­stlieb­haberin­nen und ‑lieb­haber durch das Jahr begleit­et – Tag für Tag, Bild für Bild, Biografie für Biografie.

Der Band vere­int 365 Kün­st­lerge­burt­stage aus allen Epochen und Regio­nen der Welt. Jed­er Tag ist einem Namen gewid­met – von ikonis­chen Fig­uren wie Leonar­do da Vin­ci und Fri­da Kahlo bis hin zu weniger bekan­nten, aber nicht min­der faszinieren­den Stim­men der Kun­st­geschichte. Eine große Vielfalt führt durch alle Epochen der Kun­st­geschichte. Die Auswahl ist bewusst weit gefasst: Malerei, Skulp­tur, Fotografie und Medi­enkun­st ste­hen gle­ich­berechtigt nebeneinan­der und spiegeln die Vielfalt kün­st­lerisch­er Aus­drucks­for­men. Eine wün­schenswerte Ein­beziehung von Architek­tur wäre wohl zu viel gewor­den. So sei eine beson­dere Aus­gabe eines Buch­es dieser Art zu den bedeu­ten­den Architek­ten und Architek­tin­nen angeregt.

Jed­er Ein­trag präsen­tiert ein Werk, ergänzt durch einen präg­nan­ten Text und biografis­che Angaben. Dabei gelingt es Semff in knap­per Form, kun­sthis­torische Tiefe mit feuil­leton­is­tis­ch­er Leichtigkeit zu verbinden. Der Kalen­der ist kein bloßes Nach­schlagew­erk, er regt dazu an, das Wis­sen über bekan­nte Kün­stler zu ver­tiefen und weniger bekan­nte Kün­stler und Kün­st­lerin­nen zu ent­deck­en.

Michael Semff: Art – 365 Geburt­stage großer Kün­st­lerin­nen und Kün­stler – Ein immer­währen­der Kalen­der, Fes­tein­band, 384 Seit­en, 365 Abbil­dun­gen, ISBN 978–3‑95415–157‑8, Pres­tel Ver­lag, München 2025, 28 €

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