„‘Zu wenig Parfüm, zu viel Pfütze.‘ Hans Baluschek zum 150. Geburtstag“
Hans Baluschek war scharfer Beobachter, brillanter Künstler und engagierter Chronist seiner Zeit. Schon früh konfrontierte der 1870 geborene Maler, Grafiker und Illustrator das Publikum mit ungewohnt realistischen Darstellungen des Berliner Lebens.
Ihn interessierten die Folgen der Industrialisierung, die Lebensumstände des Proletariats, Armut, Hunger und Verwahrlosung in den unteren Gesellschaftsschichten einer großen Stadt. Von Kaiser Wilhelm II. als „Rinnsteinkünstler“ diffamiert, fand Baluschek ab 1899 Anerkennung in den Ausstellungen der Berliner Secession. Zum 150. Geburtstag des Künstlers zeigt die Ausstellung im Bröhan-Museum nun einen umfassenden Überblick seines Werkes und spannt dabei einen Bogen vom Kaiserreich bis in die Jahre der Weimarer Republik.
Hans Baluschek (1870-1935) war eines der ersten Mitglieder der Berliner Secession und seit 1920 aktives Mitglied der SPD. Im Nationalsozialismus als Sozialdemokrat verfolgt und all seiner Ämter enthoben, starb er 1935 in Berlin. Wie kaum ein anderer Künstler erfasste Baluschek den Geist der Zeit, der sozialen Spannungen der Wilhelminischen Ära. In Opposition zum herrschenden akademischen Kanon malte er die wachsende Industriestadt Berlin, Fabrikarbeiter, Arbeitslose und soziale Außenseiter. „Zu wenig Parfüm, zu viel Pfütze“ – so fasste der Kunstkritiker Willy Pastor Anfang des 20. Jahrhunderts denn auch die Reaktionen der Ausstellungsbesucher auf die Werke Baluscheks zusammen.
Baluscheks Kunst hat eine große Spannbreite; sie reicht von sozialkritischen Themen über realistische Großstadtdarstellungen und Industriebilder bis hin zu fantasievollen Märchenillustrationen. Mit optischer Präzision zeigt er entindividualisierte Typen in fest gefügten, sozial eindeutig bestimmbaren Situationen. Die Modernität von Baluscheks Gemälden ist dabei nicht nur in den Themen zu suchen, sondern auch in der Bildanlage: Schon früh setzt er radikale Anschnitte ein, die Figuren erscheinen immer wieder vom Bildrand begrenzt. Seine Malerei changiert zwischen den großen Strömungen der Zeit, zwischen Impressionismus, Naturalismus, Realismus und Neuer Sachlichkeit. Die neue Sicht, die Wahl seiner Sujets und sein soziales Engagement machen Baluschek zu einem revolutionären Künstler.
Ab dem 12. Mai 2020 ist das Bröhan-Museum wieder für den Besucherverkehr geöffnet.
Zur Ausstellung erscheint ein herausragend gestaltetes Katalog-Buch im Wienand Verlag, 168 Seiten mit zahlreichen farbigen Abb., 25,- €
Quelle: Bröhan Museum Berlin