Manfred Lütz, Psychiater, der u.a. mit dem doch eher reißerischen Buchtitel „Irre – Wir behandeln die Falschen. Unser Problem sind die Normalen“ zum Erfolgsautor wurde, gibt sich jetzt als Hauptautor der Autobiographie seines Großonkels aus – dabei hat er lediglich das 16-seitige Vorwort formuliert und – das ist sein Verdienst – das vorgefundene Manuskript dieser Memoiren zur historischen Aufbereitung und zur Veröffentlichung in der jetzigen Form gegeben.
Van Husen war nicht am Attentat vom 20. Juli 1944 beteiligt, das, wäre es gelungen, viel Leid erspart hätte („…so mussten in den zehn Monaten nach dem 20. Juli bis zum Ende des Krieges noch genauso viele Menschen ihr Leben lassen wie in den fünf Jahren vorher zusammen.“ S. 23/24). Seine indirekte Mitwisserschaft über den Kreisauer Kreis brachte ihn in eine Situation, die er nur mit viel Glück überlebte.
Seine Autobiographie hat seine große Stärke in der sehr anschaulichen, spannenden Schilderung des Lebens in der NS-Diktatur, sein Erleben des Terrors dieses Systems. Auch seine Erlebnisse in der unmittelbaren Nachkriegszeit in Berlin sind aufschlussreich, weniger seine Bemühungen um beamtenrechtliche Absicherungen, zeigen sie doch nach allen geschilderten Erlebnissen und mehrfach versicherter katholischer Gläubigkeit eine ethisch problematische Weltsicht. Dies wird besonders deutlich in einer Äußerung auf S. 158: „Das Nürnberger Urteil gegenüber ihm [Keitel, dem Chef des OKW, mitverantwortlich für den mörderischen Vernichtungskriegs Hitlers] war Mord…“.
Manfred Lütz/Paulus van Husen: Als der Wagen nicht kam – Eine wahre Geschichte aus dem Widerstand, Herder Verlag, 1. Auflage 2019, Gebunden mit Schutzumschlag und Leseband , 384 Seiten, ISBN: 978-3-451-38421-9, Preis 24,90 €.
VON DR. JÖRG RAACH