Modezentrum Berlin

Berlin wurde Mitte des 19. Jahrhunderts zu einer Fashion Metropole. Junge Unternehmer – zu einem großen Teil jüdischer Herkunft – siedelten sich ab 1836 im Zentrum Berlins am Hausvogteiplatz und in der Mohrenstraße an. Mit völlig neuartigen Schnitten und innovativen Produktionstechniken läutete sie eine Wende in der Modebranche ein.

Korsett war gestern, Konfektionsmode heute

Einen Höhepunkt erreichte diese Entwicklung in den 1920er Jahren. Berliner Chic war eine Marke. Über Stadtgrenzen Berlins hinaus, galt die Mode aus dem Hause Gerson oder der Gebrüder Manheimer als Inbegriff von Stil und Exklusivität. Die mondäne Frau dieser Zeit wäre ohne die Warenhäuser Wertheim und Israel nicht vorstellbar gewesen. Es wurde und wird von „der größten Industrie Berlins, der Modeindustrie“ (S. 9) gesprochen, obwohl relativ wenig industriell gearbeitet wurde, Heimarbeit im Zwischenmeistersystem überwog, zudem war die Elektroindustrie sicher größer.

Innovation nicht länger gefragt

Abrupt endete diese Blütezeit der Modeindustrie in den 1930er Jahren durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten: Jüdische Konfektionshäuser wurden „arisiert“, deren Inhaber und jüdische Mitarbeiter enteignet, vertrieben oder ermordet. Innovative Modedesigns waren nicht länger gefragt.

Verdienstvolles Erinnern

Dieses engagiert geschriebene Buch geht auf Recherchen des Autors seit den 1980er Jahren zurück, ein erstes Buch zum Thema von ihm erschien 1987. Mit auf Initiative des Autors entstand das 2000 errichtete Mahnmal am Berliner U-Bahnhof Hausvogteiplatz. Uwe Westphals Buch macht sowohl das modische Berlin bis 1939 wieder lebendig als auch die Verbrechen der Nationalsozialisten schmerzhaft bewusst. Zudem hat das Buch seinen besonderen Wert durch großformatige Abbildungen herausragender Modezeichnungen, -werbeplakate und Fotodokumente.

Westphal, Uwe: Mode Metropole Berlin 1836 – 1939, Entstehung und Zerstörung der jüdischen Konfektionshäuser, 272 Seiten , 180 s/w und farbige Abbildungen, 28,00 €, ISBN 978-3-89487-805-4, Henschel Verlag, Leipzig 2019.

VON DR. JÖRG RAACH

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